Und wo bleibt die Skepsis ?

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Fondsfan
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Und wo bleibt die Skepsis ?

Beitrag von Fondsfan »

Vielleicht nehme ich nur einen Teil der Realität wahr, aber ich
habe das Geführ, dass es keine skeptischen Stimmen zur Entwicklung
der Börsen mehr gibt und auch die Berufsnörgler sich nicht mehr
melden, jedenfall nicht so penetrant wie früher.

Man betrachte z.B. den DAX der letzten 12 Monate.

Wie lange ist es eigentlich her, dass ernsthafte Leute bei einem
Niveau von z.B. 18000 Punkten vor einem Absturz auf 12000
warnten?

Inzwischen haben wir einen US-Präsidenten, der es bewusst
darauf angelegt hat, die Globalisierung teilweise rückgängig
zu machen, haben mit China ein militärisch immer aggressiver
auftretendes Land und eine Verschärfung des Krieges in der
Ukraine.

Nicht zu vergessen Frankreich als möglicher Auslöser einer
neuen Finanzkrise mit weit größerem Gewicht als damals
Griechenland.

Nicht zu vergessen die russischen Provokationen über Polen.

Wenn man alten Weisheiten glaubt ist der Absturz dann nahe,
wenn er als Mögtlichkeit im Bewusstsein nicht mehr vorkommt.

Wo stehen wir jetzt?
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schneller euro
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Beitrag von schneller euro »

Die geopolitischen Risiken werden in den letzten Monaten an den Börsen ausgeblendet. Nachrichten, die vor Jahren noch zu deutlichen Kursrückgängen geführt hätten, werden ignoriert.
Buy the dip, FOMO oder immer mehr ETF-Sparpläne wurden schon als mögliche Gründe genannt.

In den letzten Monaten habe ich auch mehrfach Gewinne mitgenommen und die Aktienquote rebalanced.

U. a. der kostenlose Newsletter "Börse Intern" warnt schon seit Monaten vor unterschätzten Risiken. Und zu Frankreich gab es heute einen lesenswerten Kommentar von Thomas Timmermann in www.timmblog.com
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drhc
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Irrational Exuberance

Beitrag von drhc »

" ...Die älteren unter meinen Lesern werden sich womöglich noch an den Dezember 1996 erinnern. In jenem Winter lief der seit den frühen 80er Jahren laufende Bullenmarkt auf vollen Touren, hatte der US-Aktienmarkt 12 der vorherigen 14 Jahre mit einem Plus geschlossen (übrigens auch das Crashjahr 1987)...
Die ersten Internetaktien gingen an die Börse, die Bewertungen schossen durch die Decke.

Ende November 1996 gebrauchte der US-Ökonomieprofessor Robert Shiller auf einem informellen Treffen mit Notenbankern erstmals den Begriff „Irrational Exuberance“ – irrationale Übertreibungen – für das, was sich in Teilen des Kapitalmarkts abspielen könnte. Der damalige Notenbankchef Alan Greenspan war von dieser Wortschöpfung so begeistert, dass er sie gleich in einer Rede im Fernsehen übertragenen Rede am 5. Dezember 1996 einbaute: Wörtlich sagte er:

„(Aber) Wie findet man heraus, wann irrationale Übertreibungen den Wert von Vermögensgegenständen über die Maßen in die Höhe getrieben haben, welche dann wiederum Gegenstand unerwarteter und langer Einbrüche wie in Japan über die letzte Dekade werden?“

Die Reaktion an den Kapitalmärkten fiel heftig aus, die Kurse brachen kurzfristig deutlich ein. Denn es lag auf der Hand, dass sich der Chef der wichtigsten Notenbank der Welt offenbar Gedanken über Vermögenspreisblasen wie im Japan der 80er Jahre machte – daran ließ das Wort „irrationale Übertreibungen“ keinen Zweifel.

Nun gab es tatsächlich einen scharfen Einbruch. Allerdings erst knapp dreieinhalb Jahre später. Der fulminanteste Teil der mehrjährigen Aktienmarktrally lag im Dezember 1996 noch vor den Investoren, der Aktienmarkt sollte sich nochmals verdoppeln – und ironischerweise auch weder im Tief 2003 oder 2009 auch nur näherungsweise wieder auf das Niveau zurückfallen, auf dem Greenspan sich Sorgen machte
....
Nach dem Platzen der New Economy Blase im Jahr 2000 dauerte es drei lange Jahre, bis der Aktienmarkt seinen Boden gefunden hatte, und auf dem langen Weg nach unten haben sich viele ohnehin schon angeschlagene Kleinanleger endgültig ruiniert, weil sich bereits geviertelte „Qualitätswerte“ aus dem Nasdaq-Index oder dem Nemax nochmals halbiert haben. Und dann nochmal und nochmal
...
dass Markttiming nicht möglich ist, weil die dazu nötige Trefferquote von keinem Guru der Welt erreicht wird. Man muss nicht nur mit dem Ausstieg richtig liegen, sondern auch mit dem Wiedereinstieg, ansonsten läuft einem bei einer Fehlentscheidung der Markt davon
...
dass selbst Robert Shiller trotz des sehr hohen „Shiller-KGVs“ zu 100% investiert bleibt, weil er weiß, dass Markttiming unmöglich ist.
..."

zitiert aus: menschenzahlensensationen
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