Punkt für Punkt kämpfte sich der DAX in der abgelaufenen Woche nach oben, das Überschreiten der psychologischen Marke von 6.000 Punkten scheint nur noch eine Frage von Tagen oder gar Stunden. Das Vorrücken in Trippelschritten belegt allerdings, dass gegenwärtig nicht der große Kurstrigger erkennbar ist, der den Markt mit Wucht über diese Schwelle katapultiert.
Die abgelaufene Berichtssaison der DAX-Unternehmen bestätigte im wesentlichen die daran geknüpften Erwartungen, ohne grundlegend neue Impulse zu setzen. Auf aggregierter Ebene stieg der von uns für 2006 geschätzte DAXGewinn seit Anfang Januar um lediglich 2%. Der positive Gewinntrend erfuhr damit zwar eine Fortsetzung, ein komplett neues fundamentales Szenario resultierte hieraus allerdings nicht. Vor dem Hintergrund der bisher erzielten Kurszuwächse wachsen damit die Befürchtungen, der für 2006 erwartete Gewinnzuwachs auf DAX-Ebene sei bereits im aktuellen Kursniveau eskomptiert. Gleichzeitig stellt sich das weitere Überraschungspotenzial angesichts des bereits erreichten hohen Margenniveaus deutlich geringer dar als noch vor Jahresfrist. Anders als in den Vorjahren müssten weitere Kurszuwächse demzufolge weniger von überraschenden Gewinnsteigerungen als vielmehr von einem höheren Bewertungsniveau getragen werden. Das DAX-KGV ist trotz der Kursgewinne der letzten Jahre zumindest optisch weiterhin niedrig und bietet somit auf den ersten Blick durchaus den notwendigen Spielraum, auch wenn dies partiell auf veränderte Rechnungslegungsvorschriften (Wegfall der Goodwill-Abschreibungen) und strukturelle Veränderungen (weitgehender Wegfall der Beteiligungen bei Banken und Versicherungen) zurückzuführen ist.
Zur Hebung dieses Spielraums könnte nicht zuletzt die anhaltend hohe Liquidität beitragen. Über alle Anlageklassen hinweg verzeichnete der Bundesverband Deutscher Investment- Gesellschaften (BVI) im Februar Zuflüsse von 7,5 Mrd. €, dies entspricht dem höchsten Wert seit mehr als drei Jahren. Hauptabsatzträger blieben zwar nach wie vor die Rentenfonds, doch die steigende Zuversicht in den Aktienmarkt fand nicht zuletzt in deutlich gestiegenen Zuflüssen bei den Aktienfonds ihren Niederschlag. So lag der Mittelzufluss allein im Februar mit 2,4 Mrd. € fast so hoch wie im gesamten Jahr 2005 (2,7 Mrd. €). Der mit dem höheren Mittelzufluss verbundene Anlagebedarf sollte nicht nur größere Kursrückschläge verhindern, sondern könnte im Sinne eines „die Hausse nährt die Hausse-Effektes“ mittelfristig sogar weitere Kursimpulse liefern. Ein verstärkter Einstieg privater Anleger ist zwar eher als spätzyklisches Phänomen einer Aktienmarktrally zu werten, gemessen an den Zuflüssen der späten 90er Jahre bewegen sich die Aktieninvestments allerdings noch auf vergleichsweise niedrigem Niveau.
Zusätzliche Unterstützung könnte aus der bevorstehenden DAX-Dividendensaison resultieren, in der nicht zuletzt aufgrund diverser Sonderausschüttungen mit erwarteten 21,3 Mrd. € im Vergleich zum Vorjahr ein mehr als 40% höherer Betrag zur Ausschüttung bereit steht. Schon aufgrund seiner Konstruktion als Performance-Index besitzt der DAX einen „Wettbewerbsvorteil“ gegenüber seinen internationalen Konkurrenten, die meist als Kursindizes definiert sind. Zwar handelt es sich hier um einen rein optischen Effekt, doch könnte dieser über wichtige charttechnische Marken hinweghelfen und zyklisch die insgesamt positivere Stimmung gegenüber dem Investmentstandort Deutschland durch Verteidigung eines Spitzenplatzes in den Performance-Rankings weiter untermauern.
Fed rückt in den Fokus
Mit Blick auf die kommende Woche stehen auf deutscher Seite noch einmal eine Reihe von Unternehmensveröffentlichungen an, wobei allerdings wie schon in den Vorwochen ein Großteil der Eckdaten bereits bekannt ist. Demzufolge werden bei MLP (Di), AWD (Mi), Hypo Real Estate (Mi), IWKA (Mi), Salzgitter (Do) und IVG (Do) in erster Linie die Details bzw. der Ausblick im Fokus stehen. Bei KarstadtQuelle erhoffen sich die Investoren zudem Neuigkeiten zu den geplanten Immobilienverkäufen. Die zuletzt wieder stärker als Taktgeber fungierende Wall Street wartet mit einem vergleichsweise spärlich gefüllten Unternehmenskalender auf. Lediglich der Bericht von Best Buy (Do) könnte neue Hinweise zur Robustheit des US-Konsums liefern. Der kurzfristige Gesamtmarkttrend dürfte aber weniger von Unternehmensveröffentlichungen als vielmehr von Äußerungen der amerikanischen Zentralbank im Rahmen ihrer Zinsentscheidung am Dienstag geprägt werden. Angesichts weiterhin robuster Konjunkturdaten dürfte die Fed auch am Dienstag noch keinen Anlass sehen, auf ein baldiges Ende des Zinserhöhungszyklus hinzuweisen. Die hiervon erhofften positiven Impulse für den Aktienmarkt dürften somit noch einmal vertagt werden. Gleichzeitig scheint eine weitere Verschärfung der Tonlage allerdings ebenso unwahrscheinlich, so dass trotz des latent vorhandenen Enttäuschungspotenzials die zu erwartende Rückschlagsgefahr für den Aktienmarkt begrenzt erscheint und eher kurzfristiger Natur sein sollte. Die Interpretation des Fed-Statements dürfte auch am deutschen Aktienmarkt die kurzfristige Performance bestimmen und könnte somit auf Wochensicht auch bei der Eroberung bzw. dem Verfehlen der 6.000-Punkte-Marke das Zünglein an der Waage spielen. Erst auf Sicht dürften dann vor allem die angesprochenen liquiditätsinduzierten Impulse zu einer Höherbewertung des deutschen Aktienmarktes führen.
Quelle: Landesbank Rheinland-Pfalz
Fed rückt in den Fokus
Moderator: oegeat