Ich nenne es einmal HEUTE und SPÄTER

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martinsgarten
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Ich nenne es einmal HEUTE und SPÄTER

Beitrag von martinsgarten »

HEUTE
(das Geld wird irgendwie beschafft)

Kolumnen - Montag, 22. März 2010

Die Busch-Trommel
Hütchenspieler in Brüssel
von Friedhelm Busch

Die griechischen Probleme bringen Europa Durcheinander:
Die Euro-Finanzminister beschließen Hilfe, die deutsche Bundesregierung lehnt sie ab. In Wirklichkeit, sagt Friedhelm Busch, geht es längst um mehr.

Nun ist das Verwirrspiel perfekt: Die Finanzminister der Euro-Zone haben offiziell und ohne Gegenstimme beschlossen, den Griechen zu helfen, selbst wenn die EU-Vorschriften dies eindeutig verbieten. Auch der deutsche Finanzminister war dafür, weiß jetzt aber nicht mehr so genau wofür. Vielleicht sollte Griechenland doch die Hilfe des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Anspruch nehmen und nicht deutsche Steuergelder, denkt die Bundeskanzlerin laut vor sich hin.
Das ist übrigens genau der Nothelfer, den sie eigentlich überhaupt nicht ins Spiel holen wollte.
Aber was kümmert mich heute mein Geschwätz von gestern, wenn mir morgen die Wähler in NRW den Teppich unter den Füßen wegzuziehen drohen.

Dass Europas Spitzenpolitiker dieses biblische Tohuwabohu auch noch als Demonstration europäischer Stärke verkaufen wollen, lässt nur zwei Deutungen zu:
Entweder halten die uns alle für dauerhaft pisa-geschädigt oder sie gefallen sich in der Rolle dubioser Hütchenspieler, die den verwirrten Bürger bewusst täuschen:
Keine finanziellen Opfer für diese betrügerischen Griechen auf Kosten der eigenen Wähler!
Oder doch?
Vielleicht für den Fall, dass der Bankrott Griechenlands die eigene Bankenwelt in die Knie zwingt und man selbst in ein, zwei Jahren auf EU-Hilfe angewiesen sein sollte?
Vielleicht aber braucht Griechenland jetzt gar keine Hilfe, weil die Finanzmärkte das nötige Geld geben.
Zu auf Dauer untragbar hohen Zinsen.
Aber zumindest wäre Griechenland im Moment runter von der Intensivstation und vorübergehend raus aus den Schlagzeilen.

Um derartigem Schlamassel künftig zu entgehen, soll ein noch zu gründender Europäischer Währungsfonds (EWF) die Eurozone vor Stabilitätssündern bewahren und diese notfalls sogar ausschließen.
Eine absurde Idee, dass gerade die Politiker, die bisher noch nicht einmal in der Lage waren, die bereits bestehenden Stabilitätskriterien des Maastrichtvertrages durchzusetzen, nun über einen EWF die uneinsichtigen Mitgliedsländer auf ihrem Marsch in die Schuldenfalle zur Umkehr zwingen konnen.
Ohnehin ist das unglaubwürdig.
Denn genau diese rigide Stabilität wollen doch die meisten EU-Staaten gar nicht!
Stattdessen:
Weg von dieser nervigen Debatte um Stabilität und Schuldenabbau, hin zur bequemen Entwertung langfristiger Staatsschulden durch Inflation!


Das beweist schon die jüngste Attacke der exportschwachen Franzosen gegen die deutsche Industrie, deren Vorherrschaft in Europa doch nur ihren niedrigen Löhnen geschuldet sei. Und prompt stoßen in Deutschland gewerkschaftsnahe Kreise und Sozialisten ins selbe Horn.
Es müsse endlich Schluss sein mit dieser deutschen Lohndrückerei zum alleinigen Wohl der Exportwirtschaft und zu Lasten der Binnennachfrage. Höhere Mindestlöhne und höhere Bezüge im öffentlichen Dienst als deutscher Beitrag zur europäischen Solidarität!

Ein Wundertopf zum Reingreifen
Darauf muss man erst einmal kommen! Und wenn dann hierzulande noch mehr gering qualifizierte Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz verlieren, wenn die deutschen Exporterlöse angesichts der asiatischen Billig-Konkurrenz zusammenschnurren - und damit auch die Steuereinnahmen in Deutschland -, wenn immer mehr Kommunen wegen der untragbaren Soziallasten das Handtuch werfen, was soll`s?
Dann wird das wachsende Heer der Arbeitslosen halt über zusätzliche Staatshilfen ruhig gestellt.
Eben wie in Griechenland. Und woher kommen die Mittel dazu? Vom EWF, woher sonst? Und woher bekommt der EWF das Geld? Darüber wird noch zu sprechen sein. Später. Die Finanzmärkte aber haben ihr Urteil schon heute gefällt: Euroland wird Schuldenland. Schlechte Vorzeichen für den Euro.

Mit ihren Ablenkungsmanövern werden die Politiker es schon schaffen, uns Bürger hinters Licht zu führen.
Bis wir, in unseren Fernsehsesseln ermüdet, den Tricks dieser Hütchenspieler nicht mehr folgen wollen und uns stattdessen nur noch für die wirklich wichtigen Dinge dieser Welt interessieren, z.B. für die Eskapaden unseres Außenministers.
Aber irgendwann werden wir doch aufwachen und merken, dass sich unter den meisten Politiker-Hütchen nur das Nichts verbirgt
„Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu lassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert.“
(Albert Einstein, 1879–1955)
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martinsgarten
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Beitrag von martinsgarten »

SPÄTER
(Jetzt holen wir uns das Geld aber zurück)

Die Flucht in Sachwerte treibt die Preise – Mietshäuser und Eigentumswohnungen sind beliebt wie lange nicht.
Solche oder ähnliche Nachrichten konnte man die letzten Tage lesen.
Die Anleger wollen so ihr Geld vor einer drohenden Inflation schützen.

Die WELT am Sonntag beschrieb das wie folgt:
DIE ANGST GEHT UM in Deutschland. Die Furcht vor Staatspleiten und Hyperinflation.
Seit die Nationen sich in horrende Schulden stürzen, um Banken und Wirtschaft zu retten, ist für viele abgemacht:
Dies wird mit einer Entwertung des Geldes, mit dem Bankrott des Fiskus, mit einer Währungsreform enden.

Die Furcht der Bürger ist dabei durchaus berechtigt – wir werden früher oder später eine Währungsreform oder ein ähnliches Konstrukt bekommen.
Nur die Bürger ziehen daraus die falschen Schlüsse:
Ihr Geld in Immobilien als angeblich sichere Sachwerte umzuschichten
.

Dabei warnt die WaS in der gleichen Ausgabe vor den Folgen dieses Denkens.
Denn, so lautet die Schlussfolgerung des wahrscheinlich wenig beachteten Berichts Schützen Immobilien vor Inflation:
Im Zweifel können Krisengewinnler dem Staat kaum entkommen.

Denn wenn der Staat selbst vor dem Finanztod steht, wenn Steuern einbrechen und er selbst trotz Monetarisierungs-Maßnahmen der Notenbanken nicht mehr weiter aufschulden kann, wird er sich an denjenigen Vermögensbesitzern versuchen gesundzustoßen,
die am effektivsten zu besteuern sind: Den Immobilien-Besitzern.

Schon weit vor der Einführung der elektronischen Kontrolle der Konten seiner Bürger steht nämlich dem Staat seit über einem Jahrhundert die effektivste Waffe zur Aufspürung von Immobilien-Vermögen zur Verfügung: Das Grundbuch.

Ohne die Grundbücher im Einzelnen aufwendig durchsuchen zu müssen, liegen Daten über die Einheitswerte der Objekte der Finanzverwaltung vor, um die Grundsteuer als Form einer Vermögensbesteuerung zu ermitteln. Ohne großen Logistik-Aufwand könnte man hier kurzfristig viel Geld aus den Immobilien-Besitzern herauspressen.

Gravierender sind jedoch quasi Enteignungsmaßnahmen wie Zwangs-Hypotheken, mit denen der Staat das Objekt im Grundbuch belastet.
Zu solchen Maßnahmen hat der Staat immer dann gegriffen, wenn der Vorteil der Flucht in Sachwerte für den Eigentümer eigentlich am größten zu seien schien:
Bei einer Hyperinflation oder einer Währungsreform.

Die Hyperinflation des Deutschen Reichs im Jahr 1922 und 1923 schien ein solcher Zeitpunkt, bei der sich die Immobilien-Besitzer zusätzlich mit dem Erhalt ihres Vermögens noch ihre Hypothekenschulden glaubten weginflationieren zu lassen.
Denn im November 1923 war ein US-Dollar 4,2 Billionen Reichsmark teuer. Die auf einer Immobilie lastenden Hypothekenschulden waren damit wertlos – das Objekt hat sich also durch die Inflation selbst entschuldet.

Zitat des Berichts der WaS:
Allerdings währte die Freude der Grundeigentümer nur kurz.
Bereits 1924 wurde in Deutschland die Hauszinssteuer auf Vorschlag des Berliner Baustadtrats Martin Wagner eingeführt.
Mit ihr sollten offiziell die Gewinne abgeschöpft werden, die Immobilienbesitzer durch ihre vollständige Entschuldung erfahren hatten. Doch die Steuer war so hoch, dass sie wie eine Enteignung durch die Hintertür wirkte.
1927 beliefen sich die Einnahmen aus der Hauszinssteuer in Deutschland auf die für die damalige Zeit enorme Summe von 850 Millionen Reichsmark. Das entsprach rund 20 Prozent des gesamten Steueraufkommens aller Kommunen.
Für den Immobilienmarkt war die Steuer verheerend.
Die meisten Eigentümer konnten die Lasten nicht tragen und waren daher gezwungen, ihre Objekte zu verkaufen – wodurch die Preise von Wohn- und Gewerbeimmobilien um bis zu 50 Prozent einbrachen.

War das ein staatliches Singular-Ereignis:
Nein – es war eher die Regel.
Denn mit der Währungsreform 1948 kam eine ähnliche Regelung zu Lasten der Immobilien-Besitzer zum Tragen:
Das Lastenausgleichsgesetz und hier insbesondere die Hypothekengewinnabgabe.

Im Vergleich zum Jahr 1924 wurden die Zahlungen jedoch auf 30 Jahre verteilt, so dass die Eigentümer nicht wieder aus Geldmangel ihre Objekte verkaufen mussten.

Die Hypothekengewinnabgabe betrug 9 / 10 des geschuldeten Betrages und musste in 120 vierteljährlichen Raten getilgt werden.
Da die Umstellung der Schulden 1 : 10 erfolgte, saß ein Immobilienbesitzer mit einer Grundschuld von beispielsweise 100.000 RM vor der Umstellung nun auf einer Grundschuld von 10.000 DM und zusätzlich 90.000 DM Schulden bedingt durch die Hypothekengewinnabgabe.
Da die Löhne und Gehälter im Verhältnis 1 : 10 umgetauscht wurden, kann man erahnen, welche massiven Belastungen da auf die Besitzer zukamen.

Hinzu kam eine Vermögensabgabe (war auch Bestandteil des Lastenausgleichsgesetzes) von 50 Prozent nach Abzug eines Freibetrages von 150.000 DM.
Das heißt auch die schuldenfreien Immobilien-Besitzer wurden kräftig zur Kasse gebeten.

Wichtig ist es zu verstehen, dass der Staat immer eine Begründung für eine solche drakonische Enteignungsmaßnahme findet und auch im Falle einer erneuten Währungsreform finden wird:
Sei es der Ausgleich für die vollständige Entschuldung im Jahr 1924 durch Hyperinflation oder die Umverteilung von Vermögen im Jahr 1948 nach dem Zweiten Weltkrieg an diejenigen, die aufgrund von Vertreibung ihr Eigentum verloren haben.

Die vor Hyperinflation und Staatspleite besorgten Deutschen flüchten heute also genau in diejenigen Sachwerte, die beim Eintreffen dieses Ereignisses garantiert wieder am stärksten belastet zu werden drohen:
Immobilien.
Oder anders ausgedrückt: Die Investoren-Schafe laufen ihrem zukünftigen (staatlichen) Schlächter direkt in die (offenen) Arme.

Wer denkt, dass dies auf dem Boden unserer Verfassung nicht möglich sei, der sollte sich einmal genauer mit den Artikeln 14 und 15 des Grundgesetzes auseinandersetzen.
Nach Bewertung eines Juristen deuten selbst Entscheidungen des Bundesverfassungs-Gerichts der Vergangenheit in diese Richtung.

Von Seiten der Politik gibt es wirklich schon konkrete Vorschläge für eine Neuauflage der Vermögensabgabe.
In einem politischen Gastkommentar von Gerhard Schick, finanzpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion der Grünen im HANDELSBLATT vom 9. April 2010 fordert er:
Eine Vermögensabgabe auf große private Vermögen. ... Die einmalige Abgabe soll aber, so wie beim Lastenausgleich nach dem Zweiten Weltkrieg, über mehrere Jahre verteilt erhoben werden, um die Liquiditätsbelastung gering zu halten.
Auch Schick sieht in dem Beitrag eine solche Abgabe durch das Grundgesetz in Ausnahmefällen als gedeckt an.

Da nimmt man doch wohlwollend zur Kenntnis, dass es in der BUNDESBANK noch einige Köpfe gibt, welche die Realität nicht nur erkennen, sondern auch die Öffentlichkeit an ihrer Erkenntnis teilhaben lassen:
Zum Museums-Abend am 17. März 2010 in Frankfurt a.M. hielt die Bundbank einen Vortrag unter dem Titel Das Gold der Notenbanken – Funktion und Bedeutung.
Auf Folie 21 wird dort festgestellt: In Zeiten politischer Instabilität ist Gold im Vergleich zu anderen Vermögensgegenständen physisch nicht so leicht konfiszierbar.
Der Inhaber kann nicht per Erklärung (z.B. vom Staat) enteignet werden.

Alle Immobilien-Besitzer sollten diese eindeutige Warnung der BUNDESBANK Ernst nehmen:
Es sind nämlich genau sie selbst, die hier als Betroffene gemeint sind.

Quelle: Ziemanns Tagesbericht
„Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu lassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert.“
(Albert Einstein, 1879–1955)
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