Grennspan´s Rede - Analyse von dottore

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Moderator: oegeat

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Turon

Grennspan´s Rede - Analyse von dottore

Beitrag von Turon »

Diese Analyse ist geklaut! aber wert sie zu lesen! Ist nicht mein privates Gedankengut und möchte trotz diesen Diebstahl (Ihr wißt ja, wir aus Osten Bild Bild ) die Leistung von dottore würdigen:

Hier sein text ungekürzt.
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Hi,auch wenns nervt - ich muss noch mal auf AG zurückkommen.

Und zwar auf den entscheidenden Schluss seiner geschätzten Plauderei, die unter diesem Zwischentitel läuft (Text danach leicht gekürzt):

>Government Debt Repayment and the Implementation of Monetary Policy

HIER liegt das von mir auf dem Treff angesprochene Problem, was geschieht, wenn es keine (!) Staatsverschuldung mehr gibt. Dann kann es kein Fed-Geld mehr geben, es sei denn die Fed tut was anderes in die Aktivseite wogegen sie Fed-Geld hergibt.

>However, the prospective decline in Treasury debt outstanding implied by projected federal budget surpluses does pose a challenge to the implementation of monetary policy.

Alan hat es also endlich auch bemerkt (stand bei mir in der "Krisenschaukel" schon 1998) und spricht von "challenge".

>The Federal Reserve has relied almost exclusively on increments to its outright holdings of Treasury securities as the "permanent" asset counterpart to the uptrend in currency in circulation, our primary liability. Because the market for Treasury securities is going to become much less deep and liquid if outstanding supplies shrink as projected, we will have to turn to acceptable substitutes.

Zuerst Zustandsbeschreibung, wie's bisher war und jetzt müssen also "Substitute" her. Aber welche?

>Last year the Federal Reserve System initiated a study of alternative approaches to managing our portfolio.

Last year! Alan war also zu blöd, das Problem, das sich ja schon etwas länger und überdies deutlich abzeichnete, rechtzeitig zu erkennen.

>At its late January meeting, the FOMC discussed this issue at length,

Aha! Die wichtigste Notenbank der Welt geruhte erst im Januar 2001 (!) die "issue" ausführlich zu diskutieren. Das ist absolut unverzeihlich und bodenlos!

>and it is taking several steps to help better position the Federal Reserve to address the alternatives.

Und was für "Alternativen" sind herausgekommen? Diese:

>First, as announced on January 31, the Committee extended the temporary authority, in effect since late August 1999, for the Trading Desk at the Federal Reserve Bank of New York to conduct repurchase agreements in mortgage-backed securities guaranteed by the agencies as well as in Treasuries and direct agency debt.

Als erstes werden also securisierte Hypotheken ("Pfandbrief-Jumbos" usw.) in die Aktivseite genommen. High time für Fannie & Freddy. Die haben die Securisation der Hypotheken "garantiert". Das schafft klar zwei Probleme:

a) Wer garantiert Fannie, Freddy und ähnliche Gebilde? (Der Staat, sprich der Steuerzahler).

b) Wer garantiert die Hypotheklen, vor allem, wenn es zu einer Immobilien-Baisse in den USA kommen sollte - etwa im Stile Japans, wo die Tokioter Immobilien bereits um bis zu 80 Prozent vom High von 1992 runter sind.

Auch darf der Hinweis auf die "hypothekengedeckten" französischen Assignaten von 1790 ff. angebracht sein, die auf der Ausstellung beim EW-Treff in großen Bogen zu bewundern waren und die selbstverständlich sämtlich wertlos verdampften.

Außerdem ist nicht einzusehen, warum dann nicht auch GANZ ANDERE Titel oder gebündelte Titel als "Assets" in der Fed-Bilanz erscheinen sollten. Wie wärs mit Aktienfonds? Zwischen Aktien und Immobilien ist der Unterschied bekanntlich so groß nicht. Oder gar Aktienindices? Dann entdecken wir auf einmal in der Fed-Bilanz S&P-Konglomerate. Und dann?!

Vielleicht gibt es bereits entsprechende Pläne und the happy few wissen darum und sind im Markt? Wenn so etwas ruchbar würde, wäre natürlich die nächste Exzess-Hausse fällig und zwar in allen Titel, die dafür in Frage kommen, nehmen wir nur Mal den Dow... (der will ja schon jetzt so recht nicht wanken).

Damit wäre nebenbei auch ein Fortgang des gerade verschwindenden "wealth effects" gesichert. Sind bestimmte "securisierte" Aktien einmal in der Fed-Bilanz, dann haben die Titel damit (im Schnitt) natürlich eine Preisuntergrenze, weil im Falle eines Crashs die Fed wegen Verdampfens ihrer Aktivseite gleich mit crashen würde.

Aktien sind übrigens lt. tier-2-System im Euro-Raum zur Hereinnahme in die Notenbankbilanzen und letztlich also die der EZB ebenfalls ausdrücklich (!) vorgesehen.

Dann zum zweiten Punkt:


>Second, the FOMC is examining the possibility of beginning to acquire under repurchase agreements some additional assets that the Federal Reserve Act already authorizes the Federal Reserve to purchase. In particular, the FOMC asked the staff to explore the possible mechanisms for backing our usual repurchase operations with the collateral of certain debt obligations of U.S. states and foreign governments.

Es erscheinen weitere potentielle Aktiva, Anleihen der Einzelstaaten der USA und - Achtung! - von ausländischen Staaten.

Bei ersteren gibt's das "Palermo"-Problem, das die EZB hat (es kommen in die Aktivseite der EZB über die Römer Notenbank nach der tier-2-Methode auch Anleihen der Provinz Sizilien als "Deckung" für neu auszugebende Euros herein, wie von Heinsohn und Steiger in ihrer Euro-Kritik bestens herausgearbeitet).

Bei letzteren haben wir ein WECHSELKURS-Problem. Denn ausländische Staatsanleihen können nur gekauft werden, indem sich die Fed ausländische Währungen besorgt und dies bedeutet (z.B.): Der EURO könnte entsprechend MASSIV steigen. Dies konterkariert aber total die Strategie Greenspans, den Dollar möglichst oben zu lassen, um nicht die Folgen einer Dollarabwertung übers Land zu schicken, wobei nur daran zu erinnern ist, dass sich die US-Banken über ihre Euro-Filialen in den letzten beiden Jahren massiv in EURO verschuldet haben und dann in teureren EUROS zurückzahlen müssten (von den anderen Folgen, wie Abzug aus Wall Street usw., Inflationsimport, usw.) ganz zu schweigen.

Dann weiter:


>We will also be consulting with the Congress on these possible steps before the FOMC further considers such transactions.

Aha! Das ganze ist also offenbar noch nicht gesetzlich abgesegnet bzw. die Fed, die bisher in absoluter Machtvollkommenheit agierte, begibt sich in die Hände der Washingtoner Lawmaker.

>Taking such assets in repurchase operations would significantly expand and diversify the assets our counterparties could post in temporary open market operations, reducing the potential for any impact on the pricing of private sector instruments.

Repurchse Operations klingt gut, weil es eine "Neutralität" dieser Aktion vorgaukeln soll. Das ist es aber nicht! Denn die bisher auf der Aktivseite der Fed stehenden Titel (von US Gov) werden ja laufend immer weniger - oder die ganze Geschichte von der ab jetzt permanenten Reduzierung der Staatsverschuldung oder gar die Kiste von wegen 2015 sind die USA schuldenfrei sind von vorneherein Lug, Trug & Märchen!

Jetzt zum dritten Punkt:


>Finally, the FOMC decided to study further the even longer-term issue of whether it will ultimately be necessary to expand the use of the discount window or to request the Congress for a broadening of its statutory authority for acquiring assets via open market operations.

Welche "Assets" mögen gemeint sein? Da es sich kaum um securisierte Autokredite handeln kann, ist auch hier wieder DRINGEND darüber nachzudenken, ob sich unter diesen "Assets" nicht doch Aktien bzw. Aktien-Derivate verstecken. (Das Diskont-Fenster weiter zu öffnen, was die regionalen Feds haben, wäre, wenn erstklassige Handelswechsel freilich okay).

>How quickly the FOMC will need to address these longer-run portfolio choices will depend on how quickly the supply of Treasury securities declines as well as the usefulness of the alternative assets already authorized by law.

Also doch eine Änderung des "law" in Sicht! Und wieder die Frage, was denn wohl "alternative assets" sein mögen. Hypotheken, Einzelstaaten-Titel und ausländische Staatstitel ist klar, aber wie ist es mit weiteren "Alternativen"?

>In summary, although a reduced availability of Treasury securities will require adjustments in the particular form of our open market operations, there is no reason to believe that we will be unable to implement policy as required.

Ja, Alan ist "able" diese neuen Assets für seine Aktivseite zu entdecken. Und wenn er damit Mal angefangen hat, wird es zu unglaublichen Effekten kommen und der Effekt, mit dem am sichersten zu rechnen ist, heißt: INFLATION!

Denn was anderes war bei den bereits jetzt reingenommenen US-Gov-Titeln zu beobachten? Sprich wie haben sich die Kurse der Langläufer drüben entwickelt? Inflationär.


>February 2001 Monetary Policy report

Dieser Report ist ein MEILENSTEIN der Weltfinanz- und -geldgeschichte. Und jeder sollte diesen Schauplatz, der sich jetzt drüben auftut, gaaaanz aufmerksam beobachten. Patentlösungen gibt's in der Notenbankpolitik nämlich nicht und wenn dieser Report ein Patent erhielte, würde er unter dem Titel laufen: Maschinerie zur garantierten Erzeugung einer Dollar-Hyperinflation.
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Was Hyperinflation bewirken wird ist Euch doch klar, oder? Bild

Dottore ist übrigens ein Mitglied des Elliot Wellen Forums. Dieses Forum übertrifft an Qualität die Foren BörseGo, unseres und das Traderboard um Quanten.
Turon

Beitrag von Turon »

Noch etwas. Wenn dieses Patentrezept Schule macht, werden sich die Leute über kurz oder lang mit Waren eindecken. Was das bedeutet: kurzfristig gesehen bis Ende 2002 - eindeutige Wirtschaftserholung. Allerdings wäre es die letzte Erholung, vor der Hyperinflation. Auch eine letzte Hausse wäre dann auch noch möglich. Was anscheinend Grennspan noch plant ist einen Crashvermeider zu spielen. (Nun das kann am Ende auch noch ins Auge gehen).Wenn es dann
crasht. Seid auf der Hut.

Uns betrifft die Hyperinflation dann leider genauso. Die Europäer werden auf gar keinen Fall zulassen, ihre Europresse stehen zu lassen, denn sonst geht unsere Wirtschaft daran kaputt (wir würden Märkte verlieren).
Turon

Beitrag von Turon »

Wenn ich den Text übrigens lese, kommt es mir so vor als würde ich das Märchen von Pushkin lesen: "Der Fischer und der goldene Fisch"

Ihr wißt schon - der Fischer hatte mehrere Wünsche frei. Da er keine Vorstellung hatte,
hat seine Frau entschieden was zu tun ist. Erst wollte sie einen Hof, dann wollte sie
einen Schloß, dann wollte sie die Dame werden, und ein Palast besitzen. Am Ende war sie aber genauso arm, wie am Anfang. Nur wir haben den Anfang gar nicht erlebt.
Turon

Beitrag von Turon »

Noch ein geklautes Posting von dottore:

Obwohl ich (siehe auch mein Greenspan-Posting vorhin) auch langsam darüber nachdenke, ins Infla-Lager zu wechseln, möchte ich noch ein Mal die Gründe für eine Deflation kurz darstellen (gilt unabhängig vom JETZT):

1. Deflation setzt immer eine Inflation voraus. Eine Deflation "als solche", also von einem über lange Zeit stabilen Preisniveau aus, kann es nicht geben. Was wir im 19. Jh. erlebt haben, war zweierlei: Scharfe deflationäre Knicks (mit Crashs - was ja nix anderes als das plötzliche Einsetzen einer Defla am Aktienmarkt ist) und langfristig sachte sinkende Preise. Die kamen vor allem daher, dass es noch keine Monopolisierung der Arbeitsmärkte gab (kaum Gewerkschaften) und daher der ruhig dahin fließende Produktivitätszuwachs sich in den leicht sinkenden Preisen niederschlug. Ich kann ja den Produktivitätszuwachs entweder durch sinkende Preise (= Reallohnanstieg) oder durch steigende Löhne weiter geben.

2. Inflation entsteht immer durch Verschuldung, die nicht durch (dann "deflationär" wirkende) zusätzliche Leistung ausgeglichen wird. Daher der nicht zur Leistung zu zwingende Staat der Urquell aller größeren Inflationen ist. Am Ende der Inflation bleiben die alten Kredite stehen und die beginnen, langsam und dann immer stärker auf Erfüllung zu drängen, was zu Preiskämpfen führt und schließlich am Ende zu Notverkäufen bis hin zum "The more you pay (als Resultat eines Verkaufs), the more you owe (weil die verbliebenden Assets durch den Verkauf des ersten Teils der Assets weiter gefallen sind). Die Realverschuldung steigt entsprechend, d.h., es muss immer mehr geleistet werden, um die alten Schulden zu bedienen bzw. abzutragen. Dieser Prozess ist die berühmte "Einwärtsspirale", d.h. alles zieht alles nach unten (innen).

3. Ist die Deflation mit einer Rezession verbunden, kommen zusätzliche Zwangsverkäfe hinzu, außerdem drängen immer mehr Gläubiger auf Erfüllung bzw. kündigen die Kredite. Das Ganze treibt dann auf die deflationäre Depression (DeDe) zu.

4. Dieser Zustand ist erst zu Ende, wenn die alten Schulden gestrichen oder ausgebucht sind. Dann fehlt der "Druck", mit noch weiteren Preissenkungen bzw. Notverkäufen gegen zu halten.

Aufgrund der heute weltweit zu beobachtenden unstreitigen "Überschuldung" in allen Segmenten (Konsumenten, Unternehmer, Staat) ist beim Heraufziehen einer weltweiten Rezession mit der klassischen deflationären Folge zu rechnen. Wer dies nicht mit ins Kalkül nimmt, vollzieht den wirtschaftlichen Prozess über Zeit laufend nicht richtig nach.

Nun kann eine Defla mit vielerlei Mitteln "überlistet" werden. Roosevelts Goldaufwertung schaffte Zusatzkaufkraft out of the blue, es gab Schwundgeld (quasi Zwangsinflation, siehe Wörgl usw), man kann "Nettogeld" drucken (also ohne Gegenbuchung, die wiederum weitere Verschuldung wäre - was die Japaner versucht haben und kläglich damit gescheitert sind, da sie mit den Schulden für ihre Ankurbelngsprogramm gleichzeitig neue Guthaben schafften, die zur Zusatzverrentung führten), man kann auch versuchen, die Preise für die fallenden Assets zu stabilisieren, was z.B. schon Cäsar bzw. Tiberius versuchten, indem sie die "alten" Preise wieder herbeizaubern wollten bzw. Zwangskäufe zur Preisstützung verordneten (siehe Vortrag), was heute z.B. irgendwie in den Hirnen der Herren der Fed rumspukt oder was die EU macht, indem sie Rinder aufkauft (allerdings dafür zusätzliche Schulden macht und das ist dann wieder die japanische Variante).

Dass die Staatsverschuldung (wo sie noch vorangetrieben wird) nicht mehr inflationär wirkt, erklärt sich leicht aus dem "Tsatsiki-Effekt" Zum Schluss steigen die Schulden zwar noch immer gleich hoch wie "früher", aber da sie zu einem immer größeren Teil aus Zinsbuchungen für alte Schulden bestehen, die ihrerseits nur gezeigt, aber nicht gezahlt werden, gilt (grosso modo): Steigen die Staatsschulden nur noch um den Betrag der Zinsen auf die bereits existierende Staatsverschuldung und werden diese Zinszahlungen nicht in konkreter Kaufkraft abgefordert (was entsprechende weitere Verschuldung erfordern würde), sondern "stehen gelassen", verpufft die steigende Staatsverschuldung absolut ohne jegliche Wirkung - weder auf Nachfrage noch gar aufs Preisniveau.

Deshalb ist das Arbeiten mit monetären Aggregaten, in denen jede Menge Staatsschulden stecken, ziemlich witzlos, weil ihr Anstieg zwar gewaltig sein kann, aber ihre Wirkung gering oder null.

So, was nun?

Auslöser bzw. Verstärker der Inflation (nächster Ölpreisschock, siehe Nah-Ost-Problem) würde die allseits latente Rezession verstärken, und damit die alten Kredite, die ja noch alle auf Bedienung und Rückzahlung warten, an die Oberfläche treiben. Und schon geht die Inflation in die Deflation über - und zwar weil z.B. ein Preisschock just der Trigger sein kann, der das Kippen in die Rezession erst richtig auslöst.

Ob und was eintritt, weiß ich nicht. Das System ist noch offen nach beiden Seiten. Und wir werden ganz genau schauen, was passiert.
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