
Mittwoch 16. August 2006
Hersh zum Libanon-Feldzug
Ein abgekartetes Spiel
Der amerikanische Enthüllungs-Journalist Seymour Hersh sieht die Offensive gegen Hisbollah als israelisch-amerikanisches Gemeinschaftsprojekt. Hersh hat seine Vermutungen in der jüngsten Ausgabe des Magazins "The New Yorker" veröffentlicht. Nach den Recherchen des Starjournalisten war die Offensive von langer Hand geplant, von Washington unterstützt, und sie sollte als Testlauf für eine geplante Militäraktion gegen Iran dienen.


US-Außenministerin Condoleezza Rice verteidigte derweil die Haltung Washingtons zum israelischen Libanon-Feldzug. In einem Beitrag für die amerikanische Tageszeitung "The Washington Post" weist Rice den Versuch der radikal-islamischen Hisbollah zurück, den Sieg für sich zu beanspruchen. Ziel der USA sei es, alte Gewaltmuster zu überwinden und "einen gerechten, dauerhaften und umfassenden Frieden zu schaffen." Diese ehrgeizige Politik sei "schwer umzusetzen", aber richtig und realistisch. Letztendlich sei sie "der einzig gangbare Weg zu einer hoffnungsvollen Zukunft."
Einer der Väter der Neokonservativen, Norman Podhoretz (76), wurde im "Wall Street Journal" deutlicher. Es gehe um "das Überleben der westlichen Zivilisation". Der Libanon sei nur eine neue Front im neuen Weltkrieg. Iran teste die Entschlossenheit und Stärke des Westens. Im Irak seien bessere Geheimdienst-Erkenntnisse gefordert, und die "können aus Gefangenen nur herausgepresst werden", sagte Podhoretz offen. Die ganze Debatte gegen die Folter sei nur ein Mittel, um "uns zu entwaffnen". Eine Beschwichtigungspolitik sei aber heute eine Kapitulation. "Die nächsten 20 Jahre werden sehr hart", sagte er voraus.
Die Liberalen in den USA fordern, statt auf Konfrontation und Militär auf eine neue Diplomatie zu setzen. Die Bush-Politik drohe, "die gesamte Region den Ayatollahs zu übergeben", warnte die "New York Times". Bush sei gescheitert, seine Unterstützung demokratischer Entwicklungen habe einen "Bumerang-Effekt", der nur die Extremisten gestärkt habe. Der Ex-US-Botschafter bei den UN, Richard Holbrooke, schrieb, der Libanon-Konflikt stelle die "größte Bedrohung der globalen Stabilität" seit der Kubakrise 1962 dar. Bush habe mit seiner Politik die Feinde der USA zusammengeschweißt.