Zu Fahrenheit 9.11 - Moores Fazit: ein Krieg der nie endet

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Moderator: oegeat

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Turon

Zu Fahrenheit 9.11 - Moores Fazit: ein Krieg der nie endet

Beitrag von Turon »

Zwar ist die Persönlichkeit M.Moore mittlerweile als abgekühlt anzusehen, wegen seinen sonstigen Kommentaren, die auf die Deutschen zum Teil ernüchternd wirken müssen.

Ich habe mir heute endlich gegönnt den Film in voller Länge anzuschauen und fand eine Sache absolut erstaunlich. Daß der Schlußsatz, das Fazit des Films - eigentlich zu 100% übersehen würde.

Viele mochten den Film, weil Moore eigentlich nur noch mal das alles unterstreicht, was viele sog. V-Theoretiker dachten und meinten vorwegzunehmen.
Ist ja auch letztendlich so gekommen, wie es an sich zu erwarten war. Schön, daß so Viele erraten haben, was kommt (mich eingeschlossen).

Viele haßten der Film, weil es ja so plump gewesen sein soll (was man nur dann feststellen mag, wenn man nicht nur blind und taub, aber auch noch obendrein geistig behindert ist oder die andere Variante: man weiß sehr wohl Bescheid und erhofft sich durch Verpönnung von Moores Aussagen, die Relativierung der Vorwürfe - imho sollte man aus dem Lager solcher Menschen keine Argumentation erwarten - sie wissen womit es droht, sich hier auf Argumente einzulassen).

Die eigentlich - mit Abstand beste Aussage des Films von Moore ist unmittelbar vor dem Ende des Films zu sehen. Es geht dort um die weinende Mutter die im Irak ihren Sohn verloren hat, und die Feststellung, daß ausgerechnet die Ärmsten der Ärmsten die Drecksarbeit der Regierung erledigen. Dann kommt eine Szene, wo man das Ende des Krieges beschwört, weil es so schrecklich ist.

Moores Antwort darauf: "...der Krieg endet nie, denn es ist der Krieg bei dem es lediglich darum geht, innerhalb einer Nation die Hierarchie aufrechtzuerhalten auf Kosten von anderen, die bereit sind für irgendwelche Zwecke zu sterben...". Ist nicht getreu wiedergegeben,
aber das war wohl die Intention von Moore.

Auch die Aktion: "...Du bist Deutschland...", in der Vergangenheit auch "...der Bund - eine starke Truppe..." reiht sich hierzu nathlos hinein.

Ich stelle fest, daß in diesem scheinbar so plumpen Satz die komplette Wahrheit über jedweden Krieg dieser Welt sehr kompakt und sehr präzise gehalten wird.
Es ist nicht zwingend ein Krieg, bei dem Waffen zu Einsatz kommen. Bei diesem Krieg geht es darum, möglichst vielen Menschen das Leben derart zu vermiesen, daß sie bereit sind, eigenes Leben - was ihnen zwangsläufig am Ende als nichts wert vorkommt - für andere einzusetzen und zu verlieren.

Das System macht so weiter bis es genügend Menschen gibt, die genauso denken um ein Vorhaben zu erreichen. Vom System wird diese Haltung auch ausdrücklich gelobt mit Titeln wie Held der Nation, beispielhafter Patriot, ehrenwerter Soldat etc. Daß der Tod dieser Soldaten fest einkalkuliert ist, sollte man in Voraus als Soldat, der seine Grenzen im Timbuktu verteidigt, wissen.

Man sollte auch wissen, daß man die Soldaten nicht deswegen vor dem Tode schützt, damit sie überleben (jedenfalls tut das nicht dieses System) - sondern weil sie - falls sie überleben - für weitere Kriegsaufgaben und Kriegsfolgen übrig bleiben müssen.

Wenn man bei Moore die nationale Wehwehchen mal für den Augenblick in den Schrank stellt, sieht man wahrlich, daß er sehr wohl einer der wenigen Invidueen ist, die heutzutage noch an den einfachen Menschen denken, oder sich Gedanken über seine Schäden seine Verluste machen - und vor allem, ob er auch dafür tatsächlich mehr bekommt als einen feuchten Händedruck.

Daß es nicht wahrgenommen wird liegt wohl entweder daran, daß wir in solchen Kriterien normalerweise gar nicht gewöhnt sind zu denken, oder weil wir schlicht und einfach gottlos bzw. für die Atheisten: anstandslos geworden sind.

Bei Zeitdiagnose.de fand ich heute ein passendes Zitat dazu, von Antoine de Saint-Exupéry:

"...Wenn die Menschen gottlos werden, sind Regierungen ratlos, Lügen grenzenlos, Aufklärung hirnlos, Politiker charakterlos, Christen gebetlos, Kirchen kraftlos, Völker friedlos, Sitten zügellos, Mode schamlos, Verbrechen maßlos, Konferenzen endlos, Aussichten trostlos...".

Eine Anmerkung zum Film: einige Soldaten, die Moore vors Kamera zerrte (egal ob es sich um echte Soldaten oder angeheuerte Schauspieler handelt) - meinten, sie würden nie wieder in einen Krieg ziehen. Sie würden auch sich für die Gegenpartei einsetzen. Einige sagten aber auch, sie würden selbst dann den Einsatzbefehl verweigern, wenn sie dafür ins Gefängnis kommen würden.
Leider hat daran das System auch schon gedacht: wenn sie einem Kriegsverweigerer an die Mauer stellen und erschießen, wird keiner wagen
sich dem Einsatzbefehl zu widersetzen. Nur so kann er überleben.

Wenn man das alles wie Moore sieht, (jedenfalls im Film) ist nicht der Staat
zwingend das größte aller Monster, sondern die Hierarchie, die all das was sie tut, an sich mit fremden Händen bewerkstelligt.

Gruß von T.
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