Silicon-Valley-Investor: Reife Biotech-Werte

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modschegiebchen

Silicon-Valley-Investor: Reife Biotech-Werte

Beitrag von modschegiebchen »

ein recht interessanter Artikel aus der Financial Times
<hr>
Aus der FTD vom 24.1.2001

Silicon-Valley-Investor: Reife Biotech-Werte

Von Raffi Goldman und Otmar Weber

Laut dem chinesischen Jahreskalender ist das Jahr 2001 das Jahr der Schlange. Das passt hervorragend zu der sich um den Äskulapstab windenden Schlange, dem Wahrzeichen der Mediziner. In den Jahren 2001 und 2002 besteht nämlich eine einmalige Chance für bestimmte Biotech-Werte.

Bei verschiedenen prominenten Firmen können in diesem Jahr reife Früchte geerntet werden. Eine ganze Reihe von vielversprechenden Arzneimitteln wartet auf das Nicken der amerikanischen Gesundheitsbehörde zur Vermarktung. Die US-Biotechnologie-Verband zählt zu Beginn des Jahres über 350 Substanzen - verglichen mit 300 im Vorjahr -, die im fortgeschrittenen Teststadium sind. Gut für Anleger, denn bei Biotech-Werten gilt es, Risiko zu begrenzen: Die Chancen auf nachhaltige Kurssteigerungen sind bei denjenigen Aktien am größten, die nach dem Ende der in drei Phasen verlaufenden Entwicklungstests auf die Genehmigung der US-Gesundheitsbehörde warten.

Anhand der vorliegenden Testergebnisse entscheidet diese über die Vermarktung eines neuen Präparats. Sie folgt in der Regel dem Rat eines unabhängigen Beratergremiums. Zwischen dem Antrag auf Zulassung und dem eigentlichen Okay können allerdings sechs bis zwölf Monate vergehen. Es gibt selbst nach positiv verlaufenen Testphasen keine Garantie auf Zulassung zur Vermarktung. Oftmals verlangt die Behörde zusätzliche Auflagen, die eine bis dahin hoffnungsvolle Aktie ganz schnell ins Trudeln bringen kann. Sogar nach Markteinführung treten noch Risiken auf. Ein Produkt kann jederzeit wieder zurückgerufen werden. Berühmtes Beispiel: Ein von SangStat hergestelltes Medikament, das seine Potenz verlor, wenn es, wie empfohlen, mit Apfelsaft eingenommen wurde.


2001 wird durch Neuzulassungen Anlegern neue Chancen eröffnen. Die Zulassung neuer Produkte und die meist darauf folgende Kursexplosion sind verlockend, aber wie trennt man die Spreu vom Weizen?

Chance für ausgesuchte Biotechnologie-Werte


Neuanleger sollten sich erst mal an die großen Player wie Amgen halten, das auf die Zulassung des neuen Blutkrebs-Wirkstoffs Aranesp und von Abarelix-Depot-M zur Behandlung von Prostatakrebs wartet. Sepracor-Anleger lauern auf die Zulassung des Asthmamittels Xopenex und des Allergiepräparats Desloratadine.


Wenn Sie ein bisschen Würze in Ihr Portfolio bringen wollen, können Sie es mit heißen Werte wie Aviron, Vivus oder Scios aufpeppen. Aviron wartet auf Zulassung von FluMist, einem Grippe-Impfstoff, der als Nasenspray inhaliert wird. Vivus wartet auf Alibra, ein Produkt zur Potenzsteigerung für Männer. Die kleine Biotech-Firma Scios hat bereits vor Zulassung einen Volltreffer gelandet: Allein 35 Mio. $ erhält Scios von seinem neuen Vertriebspartner zum Start der Vermarktung des Herzmittels Natrecor. Bis zum Jahr 2007 darf Scios mit 80 Prozent der erwarteten Gewinne für Natrecor rechnen. Die US-Zulassung des bisher hervorragend getesteten Medikaments könnte zur Jahresmitte durch sein. Natrecor ist das erste neue Präparat seit zehn Jahren zur Behandlung bei Herzanfällen.

Was zu beachten ist


Einige Vorsichtsmaßnahmen oder Richtlinien können Sie vor herben Enttäuschungen bewahren. Machen Sie sich schlau, wie groß der Markt für ein neues Medikament ist und wie viel Wettbewerber es gibt. Im Internet können Sie dazu wertvolle Hinweise finden. Verfolgen Sie die Erstverkaufsphase eines neuen Medikaments: Ein brandneues Präparat ohne Wettbewerber muss nicht zwingend Erfolg bedeuten - Ärzte könnten mit der Verschreibung zurückhaltend sein. Bei Nachahmermedikamenten sollte irgendein Vorteil - wie beispielsweise die niedrigere Dosierung - gegenüber bestehenden Arzneimitteln den Verkaufserfolg herbeiführen.


Prüfen Sie die Umsatz- oder Gewinnentwicklung der Firma in den ersten beiden Quartalen nach Beginn der Vermarktung. Entwicklungen sind kostspielig. Kleine Firmen müssen sich meist große Vertriebspartner suchen, um ihre Produkte erfolgreich in den Markt zu bringen.


Bedenken Sie, dass die Investition in Biotech-Werte eher einem Marathon und nicht so sehr einem Kurssprint gleicht. Auf der anderen Seite, wenn ein Produkt mal läuft, ist der Produktzyklus wesentlich länger als der eines PC, den sie im nächsten Jahr durch einen neuen ersetzen.


Otmar Weber und Raffi Goldmanberichten für die FTD aus Silicon Valley; Otmar Weber ist auch Kolumnist von "Börse Online".



© 2001 Financial Times Deutschland


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modschegiebchen
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