Hallo Inter,
so richtig schlau geworden bin ich aus Deiner Frage nicht. Eventuell liegt ja genau da das Problem, daß Du nicht eigentlich weißt, was Du genau suchst. Es kommt darauf an, was Du damit anstellen willst und was Du mit WTI/Brent-Spread eigentlich meinst. Willst Du den Spread selber handeln oder den nur als Signal nehmen? Na, ich hole mal etwas weiter aus.
Zunächst mal muß man unterscheiden, ob man vom Rohöl oder vom Future bzw. dem diesbezüglichen Spread spricht. Bei beidem gibt es diverse Besonderheiten zu beachten.
Beim Rohöl gibt es weltweit diverse Referenzsorten, beispielsweise Dubai Fateh, Nigerian Bonny Light, ANS und eben auch WTI und Brent. Andere Ölsorten werden je nach Qualität diesen Referenzsorten gegenüber mit Auf- oder Abschlägen verkauft.
Qualitätsmaßstab sind vor allem die API-Gravity und der Schwefelgehalt. Brent hat eine Gravity von 38.5, WTI eine von 39.6 der Schwefelgehalt von Brent liegt bei 0.36%, der von WTI bei 0.24%. Daraus folgt, daß Brent etwas schwieriger zu verarbeiten ist und deshalb laut „WTI“-Kontraktspezifikation mit einem Abschlag von derzeit 30 Cent gegenüber WTI gehandelt werden sollte. Dieser Spread wäre sozusagen der Normalfall aus Sicht der Nymex.
WTI war ursprünglich weit verbreitet und stammt eigentlich großteils aus dem Permian-Basin, das sich bis nach New Mexico erstreckt. Der Spotprice wurde lange Zeit in Midland (TX) festgestellt, später dann vor allem in Cushing (OK), wo diverse Pipelines zusammen laufen und Lagertanks stehen. Vom Umsatz her ist die eigentliche Ölsorte WTI inzwischen eine neben mehreren anderen. Die Preisfeststellung geschah durch sogenannte Ölpostings (Daily Oil Bulletins) diverser dort ansässiger Firmen, beispielsweise Conoco und Shell. Viele Jahre lang war das wichtigste das der Firma Koch´s, das bis letztes Jahr von der Firma Platt´s zur Grundlage des täglichen Settles gemacht wurde.
Brent war beinahe von Anfang an nicht nur die eigentliche Ölsorte aus dem Brent-Ölfeld, sondern eigentlich ein Brent Blend, bestehend aus Öl aus den Ölfeldern Brent und Ninjan, von denen aus Pipelines zum Ölterminal Sullom Voe (Shetlands) laufen. Sullom Voe wird allgemein als Delivery Point / Spot für Brent bezeichnet, was aber ebenfalls nicht ganz korrekt ist. Inzwischen meint Brent ein sogenanntes dated BFO. BFO steht für einen Medianpreis aus Brent Blend sowie Öl aus den Ölfeldern Forties und Oseberg (Norwegen). Zumindest letztes dürfte aber Sullom Voe quasi niemals erreichen. Die Preisfeststellung geschieht auch hier durch Platt´s. Dated steht für einen Terminkontrakt mit einem Vorlauf von 21 Tagen. Aufgrund dessen enthält der Preis von dated BFO (vulgo Brent) auch Frachtkosten [FOB cargo contract, traded after loading as CIF (Cost-Insurance Freight)], die damit Einfluß auf den WTI-Brend-Spread haben. Um die Frachtkostenbeurteilen zu können, sollte man den Wet Freight Monthly Swap sowie die Platts Forward Curve – Freight beobachten und wird dort erstaunliche Übereinstimmungen mit dem WTI-Brent-Spread finden.
Platts und auch die Firma Argus sind erste Ansprechpartner, wenn es um aktuelle Spotpreise geht, also die physikalische Lieferung von Rohöl. Beide veröffentlichen mehrmals täglich, insbesondere auch die Spreads, sind aber nicht kostenlos zu haben. Längere Zeitreihen findet man beispielsweise beim Department of Energy, nur als daily, aber dafür kostenlos.
Neben Frachtkosten für Brent haben natürlich beispielsweise politische Fakoren Einfluß auf den WTI-Brent-Spotspread. WTI ist neben ANS und Mars vor allem die inneramerikanische Meßlatte. Brent hingegen neben dem OPEC-Basket und Dubai Fateh auch die für den nahen Osten. Für den Spotpreis von WTI (Cushing) spielen neben dem Angebot u.a. auch amerikanische Lagesbestände und Raffineriekapazitäten einen Rolle. Eine Angebotsverknappung in Cushing ist jedoch kaum zu befürchten, da gerade eine neue große Pipeline aus Kanada dorhin fertig gestellt wurde. Anders verhält es sich im Nahen Osten. Die USA beziehen aus Iran kein Öl, Asiaten und Europäer jedoch schon. Gut vorstellbar, daß ein Großteil der Spreadausweitung aufgrund der Einpreisung eines Kriegsrisikos geschah.
Auch bei den Futures gibt es einige Besonderheiten. Maßgebend ist für den CL-Future (vulgo WTI-Future) die Nymex, für den Brent-Future BC/BRN (dated BFO) die ICE in London. Zwar sind die Futures vergleichbar ausgestattet, aber es gibt auch diverse Unterschiede:
- lieferbare Sorten beim CL-Future sind insgesamt 11, darunter auch Brent (dated BFO)
- Cushing ist ein Spotmarket, Sullom Voe für dated BFO nur teilweise
- der Einfluß von Platt´s ist überall enorm. An der Basisumstellung von Brent Blend auf dated BFO (was u.a. auch längere Preishistorien erschwert) an der ICE war Platt´s ebenso maßgeblich beteiligt, wie an der Settleumstellung an er Nymex vor einigen Jahren, die die Nymex etliche Kunden gekostet hat
- der ICE-Brentfuture bezieht sich bereits auf einen Forwardcontract und ist financially settled , der CL-Future wird in Cushing gesettled und ist, was die Nymex betrifft, physically settled.
- die Nymex ist eine Openoutcry-Börse mit angeschlossener elektronischer Börse, die ICE bei den Öl-Futures eine rein elektronische
"Brent" und "WTI" sind als Futures jeweils wechselseitig an der ICE (ehemals IPE) und an der Nymex/Globex handelbar, wobei in der Praxis lediglich an der ICE in beiden Futures genügend Umsätze vorhanden sind. Theoretisch kann man die Daten also von der ICE (
www.theice.com/) bzw. deren Partner Nybot und der Nymex beziehen und den Spread selber durch ein Programm feststellen, in die man beide einspeist. An der Nymex wäre es der QB als der Mini von Brent gegenüber dem QM, bzw. CL und SC. Die gibt es als Endloskontrakte mit EOD-Historien beispielsweise bei Prorealtime, allerdings erst ab Ende 2004. Für den Hausgebrauch dürfte das reichen.
Der WTI-Brent-Spread auf Futures bezogen stellt sich technisch so dar: Will man den Spread zwischen Brentfuture und WTI-Future traden, muß man genau genommen den einen kaufen und den anderen verkaufen, also vier Trades pro Roundturn. Und das, wenn man die „Original“-Futures traden will, an zwei Börsen mit unterschiedlichen Handelszeiten. Klar dürfte auch sein, daß der WTI-Brent-Spread jeweils andere Werte hat, je nachdem, auf welches wo gelistete Underluying er sich bezieht. (Nymex/Nymex, Nymex/ICE, ICE/ICE). Hinzu kommt natürlich, daß die Liquidität beider Underluyings sowie auch des Spreadinstruments selbst eine Rolle spielt. Die ist keineswegs überall gegeben.
Wie auch immer. Es gibt schon seit vielen Jahren die Möglichkeit, Energy Spreads und speziell auch diesen zu traden. An der Nymex sind das: Brent/WTI options contract (WS:BB bzw. BB:CL; Globex) , der WTI-Brent (ICE) Bullet Swap (BY; BYZ07) und vor allem der WTI-Brent (ICE) Calendar Swap (BK; BKK07). Jedoch sind die Umsätze nicht sehr hoch, insbesondere wenn US-Brentfutures beteiligt sind. Das meiste läuft OTC. Die früheren Brent-WTI Bullet Swap (WN) und WTI-Brent Spread Calendar Swap (SB) sind seit Ende letzten Jahres delistet. Übrigens: ClearPort Chicago ist natürlich Unfug, das Clearing geht über die Nymex.
An der ICE gibt es den Brent/ WTI Futures Spread, der beispielsweise über CQG, Reuters, Bloomberg, IDC, E-signal und Ice Energylive direkt handelbar ist. Der ist liquide und böte sich am ehesten an. Ausserdem gibt es darauf auch CFD´s, beispielsweise bei ManDirect.
Ich hoffe zur Klärung beigetragen und geholfen zu haben, mache aber nochmals darauf aufmerksam, daß der Brent/ WTI Futures Spread ein Dervivat auf ein Derivat (und im Falle dated BFO) auf ein weiteres Derivat ist, es beim Öl diverse Einflußfaktoren gibt, die nur teilweise transparent sind und es wahrscheinlich nicht unbedingt eine gute Idee ist, den Spread nur darum zu shorten, weil er hoch ist. Wenn Du den Spread wirklich handeln willst, brauchst Du meiner Ansicht nach auf jeden Fall professionelle Daten und die sind nicht kostenlos zu haben.
Gruß, Cortez
Und @oegeat, es gibt keinen Eurodollaraufschlag, beide Futures werden in Dollar gehandelt und haben mit dem Euro nichts zu tun
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