Marktexperten befürchten Rückschläge
Verfasst: 02.09.2006 12:27
FTD:
"Die Aussicht auf eine dauerhafte Zinspause der US-Notenbank Fed lässt die globalen Aktien- und Anleihemärkte zurzeit parallel haussieren. Doch schon in den kommenden Tagen drohen den Investoren neue Zinserhöhungsgerüchte und Kursrückschläge.
Vor allem ein deutlicher Anstieg der Lohnstückkosten in den USA könnte nach Einschätzung von Finanzmarktexperten die zuletzt tot geglaubten Inflations- und Zinsängste wieder aufleben lassen.
Besonders treffen würde ein solches Szenario wohl die Anleihemärkte. Hier herrschte in den vergangenen Tagen Hochstimmung: Am Freitag fiel die Rendite der zehnjährigen US-Staatsanleihe nach durchwachsenen Arbeitsmarktdaten bis auf 4,73 Prozent, den tiefsten Stand seit mehr als fünf Monaten. "Der US-Markt geht von einer Zinspause, vielleicht sogar von Zinssenkungen im ersten Halbjahr 2007 aus" berichtet Thomas Koch, Zinsanalyst der HSH Nordbank.
Rainer Sartoris von HSBC Trinkaus & Burkhardt ergänzt: "Die freundliche Tendenz in den USA zieht auch hier die Kurse hoch, gerade bei lang laufenden Bonds." So stieg der Bund-Future am Freitag zeitweise auf ein Sechs-Monats-Hoch von 118,48 Punkten - obwohl die Europäische Zentralbank tags zuvor weitere Zinserhöhungen angedeutet hatte.
Markt reif für Korrektur
Den Experten bereitet die steile Aufwärtsbewegung der vergangenen Wochen Sorgen. "Der Bund-Future ist jetzt schon ganz schön heißgelaufen", sagt Sartoris - und Koch wird noch konkreter: "Der Markt ist reif für eine Korrektur." Zum Auslöser hierfür könnten sowohl die Bekanntgabe der EU-Erzeugerpreise am Montag wie auch die der US-Lohnstückkosten am Mittwoch werden. "Sollten diese Zahlen über den Erwartungen liegen, werden die Inflationsängste wieder aufkommen, denn gerade in den USA ist dieses Thema noch nicht vom Tisch", prophezeit Koch. Die Experten von Goldman Sachs halten einen Anstieg der Lohnstückkosten wegen der bereits nach oben revidierten Zahlen fürs erste und zweite Quartal für wahrscheinlich.
An der Wall Street ist von Zinssorgen indes noch wenig zu spüren. Der S&P-500-Index und die Technologiebörse Nasdaq legten im Wochenverlauf 1,2 beziehungsweise 2,6 Prozent zu und erreichten nach den Arbeitsmarktdaten am Freitag jeweils ein Vier-Monats-Hoch. "Diesen Arbeitsmarktbericht kann man perfekt nennen," sagte Robert Brusca, Volkswirt von Fact; "Wäre die Zahl neuer Jobs deutlich unter den Prognosen geblieben, hätte das weiter Rezessionsängste geschürt." Zurzeit lässt vor allem eine Serie schwacher Immobiliendaten Befürchtungen über eine konjunkturelle Eintrübung aufkommen.
Und so werden die pessimistischen Stimmen immer lauter - zumal der September an der WallStreet traditionell der schlechteste Monat des Jahres ist. "Wir gehen jetzt in den dunkelsten Teil des Jahres", sagt Harry Clark vom Finanzdienstleister Clark Capital Management: "Ich gehe von einer Schwächephase aus, die auch wegen der wichtigen Kongresswahlen bis in den November dauern könnte."
Experten empfehlen Übergewichtung europäischer Aktien
Auch in Europa haussieren die Aktienmärkte: Der Dax legte im Wochenverlauf um 1,1 Prozent zu und stieg erstmals seit Mai kurzzeitig wieder über 5900 Punkte. Der europäische Stoxx 50 kletterte um 1,0 Prozent. Positive Stimmen kommen zurzeit von großen US-Wertpapierhäusern: Lehman Brothers empfiehlt seinen Kunden, den Anteil kontinentaleuropäischer Aktien auf von 20 auf 25 Prozent zu erhöhen. Auch JP Morgan zeigt sich auf für die kommenden Monate optimistisch - danach aber werde sich das Gewinnwachstum abschwächen.
Hierfür sprechen auch die Halbjahresergebnisse der Dax-Unternehmen. Im zweiten Quartal übertrafen nur 14 Titel die Erwartung der Analysten; im ersten Jahresviertel schafften dies noch 19 Konzerne. Am Donnerstag legen noch drei Stoxx-50-Mitglieder Ergebnisse vor: der Einzelhandelskonzern Carrefour, der Energiekonzern Suez und Telecom Italia. Die DZ-Bank empfiehlt den Anlegern dennoch eine Übergewichtung von deutschen und europäischen Standardwerten gegenüber US-Aktien, "weil die Bewertung attraktiver und der Gewinntrend intakt ist."
Yen fällt auf Tiefststand gegenüber Euro
Am Devisenmarkt pendelt der Euro seit nunmehr 18 Wochen in einer Handelsspanne zwischen 1,2450 und 1,2980 $ hin und her. "Wir stecken in einer sehr zähen Seitwärtsbewegung, und es ist nicht wahrscheinlich, dass wir diese in den kommenden Tagen verlassen", sagt Christian Pohl, Währungsstratege der FXdirekt Bank: "Die Musik spielt zurzeit bei anderen Devisen." Vor allem die Yen-Schwäche steht dabei im Fokus der Investoren: In der vergangenen Woche fiel der Yen gegenüber dem Euro von einem historischen Tiefstand zum nächsten. "Im Moment kann man mit einer Yen-Positionierung viel leichter Geld verdienen als mit Euro-Dollar", berichtet Armin Mekelburg, Devisenstratege der HypoVereinsbank.
Allerdings halten die Experten in den kommenden Tagen eine kurzfristige Erholung des Yen für möglich. "Wir sind nicht nur bei Euro-Yen, sondern auch bei Pfund-Yen, Franken-Yen und anderen Währungspaaren mittlerweile am unteren Ende langfristiger Abwärtstrendkanäle angekommen", berichtet Pohl. "Es gibt viel Platz für eine Gegenbewegung." Eine echte Trendwende zugunsten der japanischen Währung erwarten Pohl und Mekelburg allerdings frühestens in der übernächsten Woche beim G7-Treffen in Singapur."
"Die Aussicht auf eine dauerhafte Zinspause der US-Notenbank Fed lässt die globalen Aktien- und Anleihemärkte zurzeit parallel haussieren. Doch schon in den kommenden Tagen drohen den Investoren neue Zinserhöhungsgerüchte und Kursrückschläge.
Vor allem ein deutlicher Anstieg der Lohnstückkosten in den USA könnte nach Einschätzung von Finanzmarktexperten die zuletzt tot geglaubten Inflations- und Zinsängste wieder aufleben lassen.
Besonders treffen würde ein solches Szenario wohl die Anleihemärkte. Hier herrschte in den vergangenen Tagen Hochstimmung: Am Freitag fiel die Rendite der zehnjährigen US-Staatsanleihe nach durchwachsenen Arbeitsmarktdaten bis auf 4,73 Prozent, den tiefsten Stand seit mehr als fünf Monaten. "Der US-Markt geht von einer Zinspause, vielleicht sogar von Zinssenkungen im ersten Halbjahr 2007 aus" berichtet Thomas Koch, Zinsanalyst der HSH Nordbank.
Rainer Sartoris von HSBC Trinkaus & Burkhardt ergänzt: "Die freundliche Tendenz in den USA zieht auch hier die Kurse hoch, gerade bei lang laufenden Bonds." So stieg der Bund-Future am Freitag zeitweise auf ein Sechs-Monats-Hoch von 118,48 Punkten - obwohl die Europäische Zentralbank tags zuvor weitere Zinserhöhungen angedeutet hatte.
Markt reif für Korrektur
Den Experten bereitet die steile Aufwärtsbewegung der vergangenen Wochen Sorgen. "Der Bund-Future ist jetzt schon ganz schön heißgelaufen", sagt Sartoris - und Koch wird noch konkreter: "Der Markt ist reif für eine Korrektur." Zum Auslöser hierfür könnten sowohl die Bekanntgabe der EU-Erzeugerpreise am Montag wie auch die der US-Lohnstückkosten am Mittwoch werden. "Sollten diese Zahlen über den Erwartungen liegen, werden die Inflationsängste wieder aufkommen, denn gerade in den USA ist dieses Thema noch nicht vom Tisch", prophezeit Koch. Die Experten von Goldman Sachs halten einen Anstieg der Lohnstückkosten wegen der bereits nach oben revidierten Zahlen fürs erste und zweite Quartal für wahrscheinlich.
An der Wall Street ist von Zinssorgen indes noch wenig zu spüren. Der S&P-500-Index und die Technologiebörse Nasdaq legten im Wochenverlauf 1,2 beziehungsweise 2,6 Prozent zu und erreichten nach den Arbeitsmarktdaten am Freitag jeweils ein Vier-Monats-Hoch. "Diesen Arbeitsmarktbericht kann man perfekt nennen," sagte Robert Brusca, Volkswirt von Fact; "Wäre die Zahl neuer Jobs deutlich unter den Prognosen geblieben, hätte das weiter Rezessionsängste geschürt." Zurzeit lässt vor allem eine Serie schwacher Immobiliendaten Befürchtungen über eine konjunkturelle Eintrübung aufkommen.
Und so werden die pessimistischen Stimmen immer lauter - zumal der September an der WallStreet traditionell der schlechteste Monat des Jahres ist. "Wir gehen jetzt in den dunkelsten Teil des Jahres", sagt Harry Clark vom Finanzdienstleister Clark Capital Management: "Ich gehe von einer Schwächephase aus, die auch wegen der wichtigen Kongresswahlen bis in den November dauern könnte."
Experten empfehlen Übergewichtung europäischer Aktien
Auch in Europa haussieren die Aktienmärkte: Der Dax legte im Wochenverlauf um 1,1 Prozent zu und stieg erstmals seit Mai kurzzeitig wieder über 5900 Punkte. Der europäische Stoxx 50 kletterte um 1,0 Prozent. Positive Stimmen kommen zurzeit von großen US-Wertpapierhäusern: Lehman Brothers empfiehlt seinen Kunden, den Anteil kontinentaleuropäischer Aktien auf von 20 auf 25 Prozent zu erhöhen. Auch JP Morgan zeigt sich auf für die kommenden Monate optimistisch - danach aber werde sich das Gewinnwachstum abschwächen.
Hierfür sprechen auch die Halbjahresergebnisse der Dax-Unternehmen. Im zweiten Quartal übertrafen nur 14 Titel die Erwartung der Analysten; im ersten Jahresviertel schafften dies noch 19 Konzerne. Am Donnerstag legen noch drei Stoxx-50-Mitglieder Ergebnisse vor: der Einzelhandelskonzern Carrefour, der Energiekonzern Suez und Telecom Italia. Die DZ-Bank empfiehlt den Anlegern dennoch eine Übergewichtung von deutschen und europäischen Standardwerten gegenüber US-Aktien, "weil die Bewertung attraktiver und der Gewinntrend intakt ist."
Yen fällt auf Tiefststand gegenüber Euro
Am Devisenmarkt pendelt der Euro seit nunmehr 18 Wochen in einer Handelsspanne zwischen 1,2450 und 1,2980 $ hin und her. "Wir stecken in einer sehr zähen Seitwärtsbewegung, und es ist nicht wahrscheinlich, dass wir diese in den kommenden Tagen verlassen", sagt Christian Pohl, Währungsstratege der FXdirekt Bank: "Die Musik spielt zurzeit bei anderen Devisen." Vor allem die Yen-Schwäche steht dabei im Fokus der Investoren: In der vergangenen Woche fiel der Yen gegenüber dem Euro von einem historischen Tiefstand zum nächsten. "Im Moment kann man mit einer Yen-Positionierung viel leichter Geld verdienen als mit Euro-Dollar", berichtet Armin Mekelburg, Devisenstratege der HypoVereinsbank.
Allerdings halten die Experten in den kommenden Tagen eine kurzfristige Erholung des Yen für möglich. "Wir sind nicht nur bei Euro-Yen, sondern auch bei Pfund-Yen, Franken-Yen und anderen Währungspaaren mittlerweile am unteren Ende langfristiger Abwärtstrendkanäle angekommen", berichtet Pohl. "Es gibt viel Platz für eine Gegenbewegung." Eine echte Trendwende zugunsten der japanischen Währung erwarten Pohl und Mekelburg allerdings frühestens in der übernächsten Woche beim G7-Treffen in Singapur."