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Die "Zeitenwende" in der US-Energiepolitik

Verfasst: 03.02.2006 14:58
von Fred vom Jupiter
Die "Zeitenwende" in der US-Energiepolitik
von Nicolai Kwasniewski, Hamburg
Die kurzen Passagen zur Energiepolitik in Bushs Rede zur Lage der Nation haben bei den Vertretern von erneuerbaren Energien Euphorie ausgelöst. Während Branchenvertreter in Deutschland von "erfreulichen Signalen" und "positiven Schritten" spricht, sieht man in den USA schon eine Zeitenwende gekommen.

US-Präsident George W. Bush während seiner Rede zur Lage der NationMike Eckhart, Präsident des American Council On Renewable Energy (Acore), zeigt sich über die Energie-Passagen in Bushs Rede zur Lage der Nation so überrascht wie erfreut. Eckhart bezeichnet Bushs Bemerkung, Amerika sei "süchtig nach Öl" als "sehr aggressive Aussage". Diese Rede sei "der Wendepunkt" in der Energiepolitik, auf den er lange gewartet hat, sagte Eckhart FTD-Online.

"Das ist eine bedeutende Änderung der Regierungsposition zur Energie", sagt Eckhart, "dies ist der neue Anfang", den sich viele erhofft hätten. Bush habe endlich begriffen, was das amerikanische Volk hören wolle. Die Erwähnung von Wind- und Solarenergie in der Rede hält Eckhart für besonders bemerkenswert, das sei "noch nie da gewesen".

Zwar sei das Budget, das die Bush-Regierung für die Förderung erneuerbarer Energien vorsieht, immer noch gering. Die Festlegung in dieser "sehr bedeutenden Rede" werde aber alle Ressorts beeinflussen. Die Bürokraten nähmen die neue Ausrichtung als gegeben hin und richteten sich fortan danach. In den USA werde das große Auswirkungen haben, aber vor allem für europäische Firmen bedeute das einen "enormen Aufschwung", vermutet Eckhart.

Europäische und hier vor allem deutsche Solar- und Windenergiefirmen sind weltweit in führender Position. Eckhart sieht in den Branchen Windenergie, Photovoltaik und Bio-Kraftstoffen je "neun von zehn führenden Unternehmen" in Europa.

Deutsche Solarwirtschaft rechnet mit deutlichen Aufschwung

BSW-Geschäftsführer Carsten KörnigCarsten Körnig, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Solarwirtschaft (BSW), bestätigt das und erwartet nach der Bush-Rede einen deutlichen Aufschwung für erneuerbare Energie. "Wenn ein Öl-Lobbyist von Öl-Sucht spricht, dann wird auch dem Dümmsten bewusst, dass eine Umstellung der Energieversorgung notwendig ist", sagte Körnig. Die deutsche Solartechnik werde davon stark profitieren. Der "deutliche Vorsprung" vor den USA werde dazu führen, dass der Exportmotor anspringe, sagt Körnig.

Der BSW-Geschäftsführer sieht bereits Anzeichen für ein Umdenken in den USA. Konkrete Marktanreize wie das Eine-Million-Dächer-Programm in Kalifornien zeigten, dass die Anzeichen offenbar gesellschaftsübergreifend erkannte wurde. Der Vorsprung der deutschen Solarwirtschaft wird sich noch lange halten, vermutet Körnig. Selbst wenn US-Firmen massiv in Solarenergie investieren, bräuchten sie "eine gewisse Aufbauzeit". Ein Standbein in Deutschland sei derzeit unbedingt notwendig.

Zum anderen beobachteten deutsche Solarunternehmen den US-Markt "mit größtmöglicher Aufmerksamkeit". Das deutsche Unternehmen Solarworld hat gerade die Übernahme des Solargeschäfts von Shell bekannt gegeben und besitzt nun einen Anteil von 60 Prozent der gesamten US-Produktion.

Windenergiebranche sieht Wachstum gesichert

Ralf Bischof, Geschäftsführer des Bundesverbandes Wind EnergieEtwas vorsichtiger ist man beim Bundesverband Windenergie (BWE). BWE-Geschäftsführer Ralf Bischof wertet die Bush-Rede als "weiteres positives Signal" in Richtung erneuerbare Energie. "Hier herrscht aber keine übertriebene Euphorie", sagt Bischof. Bush bleibe allerdings auch nichts anderes übrig. Angesichts der hohen Öl- und Gaspreise müssten die USA schon aus ökonomischen Gründen auf erneuerbare Energie setzen.

Schon 2005 sei in den USA für die Windenergie "ein Rekordjahr" gewesen. Die überraschende Verlängerung der Steuerabschreibungen für Investitionen in die Windenergie bis 2007 habe die Richtung in den USA vorgegeben. Die deutschen Unternehmen werden nach Ansicht von Bischof von ihrem Entwicklungsvorsprung stark profitieren.

Bushs Message hat die Investoren erreicht

Wie aus Holz Treibstoff wirdAuf lange Sicht werde es einen Standortwettbewerb mit den USA geben. So lange aber auch US-Firmen wie General Electric ihre Hauptproduktionsstätten für Windenergietechnik und Photovoltaik in Deutschland haben, würden die zweistelligen Wachstumsraten anhalten. Vor allem aber, sagt Bischof, "wird die Botschaft der Bush-Rede bei den Investoren in den USA ankommen" und damit das Wachstum sichern.

Die Herstellung des Benzin-Zusatzstoffes Ethanol aus Holz- und Pflanzenresten will Bush mit 150 Mio. $ fördern, um diese Energie bis 2012 wettbewerbsfähig zu machen. Bis dahin soll Ethanol fünf Prozent des Kraftstoffverbrauchs erreichen. Die Herstellung von Biokraftstoffen liegt allerdings zum größten Teil in der Hand von US-Unternehmen.


aus www.ftd.de