Traderkolumne
Gaps senden Warnsignal
Jochen Steffens BO
Zunächst zu den Definitionen, da hier häufig Fehler gemacht werden:
Einfach ausgedrückt, ist ein Gap eine Kurslücke in einem Chart. Es ist also ein Bereich innerhalb eines Kursverlaufs, in welchem tatsächlich keine einzige Aktie den Besitzer gewechselt hat. Das bedeutet: Das Tagestief, also der niedrigste Kurs eines neuen Handelstags liegt höher als das Tageshoch des vorigen Handelstages (Gap Up) oder das Tageshoch eines neuen Handelstages liegt niedriger als das Tagestief des Vortages (Gap Down).
Geschlossen wird ein Gap, wenn irgendwann später in diesem Kursbereich ein Handel stattfindet, so dass eine Kerze oder der Docht einer Kerze die gesamte Spanne der Kurslücke ausfüllt.
In diesem Chart, der den Kursverlauf des Nasdaq100 seit dem Tief im März darstellt, sind die entstandenen Gaps blau hinterlegt. Sie sehen, dass es sich tatsächlich um erkennbare Kurslücken zwischen zwei benachbarten Kerzen im Chartverlauf handelt. Zurzeit sind noch drei Gaps nicht geschlossen. Bei diesen drei habe ich die Basislinie rot eingezeichnet.
Die Kursbewegung der letzten beiden Handelstage (Freitag und Montag) könnte also nur dazu gedient haben, das Gap bei 1.435 Punkten zu schließen, was in dem Chart jedoch noch nicht geschehen ist. Gleichzeitig wurde aber in dieser Abwärtsbewegung auch noch ein sehr kleines Gap Down bei 1.489 Punkten gerissen. Auch das will geschlossen werden.
Fällt der Nasdaq100 auf 1.254 Punkte?
Etwas interessanter ist jedoch das große Gap bei 1.254,9 Punkten. Derart große Gaps im Nasdaq100 machen mir immer Sorgen, denn diese Gaps beinhalten eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sie noch geschlossen werden. Wie groß die Gefahr ist, belegt folgender Chart:
In diesem Chart sind alle Gaps (grüne Rechte) eingezeichnet, die seit dem Hoch im Jahr 2000 gerissen wurden. Gaps, die noch offen sind, wurden rot gekennzeichnet.
Diesem Chart liegt folgende Statistik zugrunde:
Seit dem Hoch im März 2000 wurden insgesamt 144 Gaps geöffnet.
Davon waren 76 Gap Ups und 68 Gap Downs.
Bis auf sieben Gaps wurden alle, sprich 137 Gaps, geschlossen.
Das allein ist eigentlich schon sehr beeindruckend und im Chart erkennt man deutlich die Relation. Wenn man nun noch die drei Gaps heraus rechnet, die erst in den letzten drei Monaten gerissen wurden und die natürlich noch sehr bald geschlossen werden können, bleiben lediglich vier offene Gaps übrig. Eines davon, das bei 2.300 Punkten (das breite rote in der Mitte) wäre im Oktober 2007 beinahe geschlossen worden. Ob die unteren drei noch geschlossen werden, wissen wir ebenfalls nicht.
In 13 Jahren nur vier offene Gaps
An dieser Zahl offener Gaps ändert sich übrigens auch nichts, wenn man die vorherige Aufwärtsbewegung des Nasdaq100 hinzunehmen würde. Vom 07.11.1996 an kann nämlich kein weiteres Gap mehr offen sein. Die gesamte Aufwärtsbewegung, die seitdem startete, wurde mit dem Tief am 8.10.2002 bei 795,25 Punkten abgedeckt. Somit blieben aus den vergangenen 13 Jahren nur vier Gaps offen (wenn die letzten drei noch geschlossen werden).
Wie lange dauert es im Schnitt, bis Gaps geschlossen werden?
Natürlich muss man noch klären, wie schnell die Gaps geschlossen werden. Aber auch das kann man natürlich berechnen:
53,5 % der Gaps wurden innerhalb von sieben Tagen geschlossen
71,1 % innerhalb von 14 Tagen
78,9 % der Gaps wurden innerhalb von einem Monat (30 Tagen) geschlossen
Nach einem Jahr waren nur noch 5,4 % der Gaps offen
Auch das sieht noch sehr gut aus. Hieraus könnte man sicherlich einige funktionale Tradingsysteme entwickeln.
Was gerne übersehen wird
Bei dieser Betrachtung wird jedoch eines außen vor gelassen: Im Prinzip befinden wir uns an den Märkten und damit auch in gewisser Weise im Nasdaq100 seit 1996 in einer Art Seitwärtsbewegung. Ein großer andauernder Trend ist nicht zu erkennen. Mit großer Wahrscheinlichkeit werden in einem großen Trend wesentlich mehr Gaps offen bleiben. Und diese offenen Gaps würden jedes Handelssystem, das mit Gaps arbeitet, erheblich belasten. Leider kann man das nicht wirklich gut bei vergangenen großen Trends testen, da in dieser Zeit das Handelsvolumen im Vergleich zu heute wesentlich niedriger waren und somit frühere Trends deutlich weniger Gaps aufweisen.
Wenn man jedoch davon ausgeht, dass die Märkte auch noch die nächsten Jahre seitwärts laufen, kann man natürlich diese beeindruckenden Quoten gewinnbringend nutzen. Wichtig ist dabei, dass man sich auf den Nasdaq100 spezialisiert. In anderen Indizes und ganz besonders bei Aktien ist die Gapschlussquote oft deutlich niedriger.
Fazit
Die Chancen, dass die Gaps, die ich oben im ersten Chart dargestellt habe, noch geschlossen werden, sind sehr hoch. Wir wissen allerdings noch nicht, wann das sein wird. Trotzdem bleibt besonders das Gap bei 1254,9 Punkten eine Gefahr für den aktuellen Aufwärtstrend.
Viele Grüße
Jochen Steffens
Quelle:
http://www.boerse-online.de/aktien/komm ... 0.html?p=1