Das Unwort des 20. Jahrhunderts
Verfasst: 07.11.2001 01:53
»Menschenmaterial«
wurde auf der Grundlage der mehrjährigen Sammlung von Unwort-Vorschlägen und wortgeschichtlichen Untersuchungen gewählt.
»Menschenmaterial« ist zwar bereits im 19. Jahrhundert aufgekommen und spielt u.a. schon bei Karl Marx (1867) eine Rolle, hat aber im 20. Jahrhundert seine besonders zynische Bedeutung gewonnen, nicht zuletzt als Umschreibung von Menschen, die als Soldaten im I. und II. Weltkrieg »verbraucht« wurden. Dieser zeiten- und ideologienübergreifende Begriff steht exemplarisch für die weit gediehene Tendenz, Menschen nur noch nach ihrem »Materialwert« einzuschätzen. Er ist gleichsam der Vater für ebenfalls zynische Begriffe wie »Schüler-, Lehrer- oder Spielermaterial«, aber auch für Unwörter wie »Patienten-, Geburten- und Häftlingsgut«. Das Medizinern immer noch geläufige Wort vom »Patientengut« wurde 1999 durch einen süddeutschen Klinikchef noch unterboten, der Todkranke gar als »morbides Patientenmaterial« umschrieb.
Dem Ungeist, der solchen Wortschöpfungen zugrundeliegt, entsprechen denn auch zahlreiche andere »Materialisierungen« des Menschen wie »Biorohstoffe«, »Organgewinnung«, »weiche Ziele« (im Artilleristenjargon), »Humankapital« und »Bodyleasing« sowie die Abfallmetaphern »Belegschaftsaltlasten«, »Personalentsorgung« und »Wohlstandsmüll«.
Die jüngste Unwort-Suche war die neunte seit 1991. Diesmal haben sich 1 865 Personen aus allen Bevölkerungsschichten des deutschsprachigen Raums, aber auch aus dem weiteren Ausland, mit 1 063 verschiedenen Vorschlägen beteiligt.
Der diesjährigen Jury gehörten an: die Sprachwissenschaftler Prof. Dr. Albrecht Greule (Regensburg), Frau Prof. Dr. Margot Heinemann (Görlitz-Zittau), Prof. Dr. Rudolf Hoberg (Darmstadt) und Prof. Dr. Horst Dieter Schlosser (Frankfurt a. M.) sowie als kooptierte Mitglieder der Intendant des DeutschlandRadio Ernst Elitz und die Redakteurin der Zeitung »Die Woche« Jutta Voigt.
wurde auf der Grundlage der mehrjährigen Sammlung von Unwort-Vorschlägen und wortgeschichtlichen Untersuchungen gewählt.
»Menschenmaterial« ist zwar bereits im 19. Jahrhundert aufgekommen und spielt u.a. schon bei Karl Marx (1867) eine Rolle, hat aber im 20. Jahrhundert seine besonders zynische Bedeutung gewonnen, nicht zuletzt als Umschreibung von Menschen, die als Soldaten im I. und II. Weltkrieg »verbraucht« wurden. Dieser zeiten- und ideologienübergreifende Begriff steht exemplarisch für die weit gediehene Tendenz, Menschen nur noch nach ihrem »Materialwert« einzuschätzen. Er ist gleichsam der Vater für ebenfalls zynische Begriffe wie »Schüler-, Lehrer- oder Spielermaterial«, aber auch für Unwörter wie »Patienten-, Geburten- und Häftlingsgut«. Das Medizinern immer noch geläufige Wort vom »Patientengut« wurde 1999 durch einen süddeutschen Klinikchef noch unterboten, der Todkranke gar als »morbides Patientenmaterial« umschrieb.
Dem Ungeist, der solchen Wortschöpfungen zugrundeliegt, entsprechen denn auch zahlreiche andere »Materialisierungen« des Menschen wie »Biorohstoffe«, »Organgewinnung«, »weiche Ziele« (im Artilleristenjargon), »Humankapital« und »Bodyleasing« sowie die Abfallmetaphern »Belegschaftsaltlasten«, »Personalentsorgung« und »Wohlstandsmüll«.
Die jüngste Unwort-Suche war die neunte seit 1991. Diesmal haben sich 1 865 Personen aus allen Bevölkerungsschichten des deutschsprachigen Raums, aber auch aus dem weiteren Ausland, mit 1 063 verschiedenen Vorschlägen beteiligt.
Der diesjährigen Jury gehörten an: die Sprachwissenschaftler Prof. Dr. Albrecht Greule (Regensburg), Frau Prof. Dr. Margot Heinemann (Görlitz-Zittau), Prof. Dr. Rudolf Hoberg (Darmstadt) und Prof. Dr. Horst Dieter Schlosser (Frankfurt a. M.) sowie als kooptierte Mitglieder der Intendant des DeutschlandRadio Ernst Elitz und die Redakteurin der Zeitung »Die Woche« Jutta Voigt.