Schlechte und gute Neuigkeiten
Der jüngste Commitment of Traders Report (COT) ist eigentlich eine Neuauflage des Berichts der Vorwoche gewesen. Beim Silber hat es insgesamt sehr wenige neue spekulative Käufe/ Verkäufe der Händler gegeben; beim Gold waren die spekulativen Käufe/ Verkäufe der Händler hingegen insgesamt massiv. Nach Stand vom 2. Juni ließen sich bei den COMEX-Gold- und Silber-Futures die insgesamt größten Netto-Short-Positionen der Commercials seit letztem Sommer feststellen. Die konzentrierte Short-Position beim Silber befindet sich weiterhin auf Weltrekordständen, die konzentrierte Gold-Short-Position ist jedoch ebenfalls mehr als beträchtlich.
Laut den am Freitag veröffentlichten Berichten, COT-Bericht und Bank Participation Report, ist die Konzentration auf Seiten der Leerverkäufer beim Gold drastisch gestiegen. Der Bank Participation Report zeigte tatsächlich, dass drei oder weniger US-Banken die größte konzentrierte Netto-Short-Position hielten, die es jemals bei COMEX-Gold-Futures gegeben hatte; sie lag bei über 123.000 Kontrakten (12,3 Millionen Unzen). Ich wiederhole es noch einmal: Drei oder weniger US-Banken hielten hier die größte Short-Position, die es jemals in der Geschichte gegeben hatte. Und jetzt sage ich Ihnen, warum das eine schlechte Nachricht ist.
Ich habe es schon zig-mal gesagt: Konzentration und Manipulation gehen Hand in Hand. Es kann keine Manipulation ohne Konzentration geben. Punkt. Konzentration ist zudem für alle gefährlich - für die Märkte, die Aufsichtsbehörden, die unschuldigen Marktteilnehmer und selbst für die Banken, die so heftig short sind. Dieses Problem hatte auch die AIG im Credit-Default-Swap-Debakel, wodurch das Finanzsystem um ein Haar zum Kentern gebracht wurde. Sie hatten einfach eine viel zu konzentrierte Position. Die COMEX-Short-Position bei Gold und Silber hat zwar nicht dieselbe Größenordnung wie die CDS-Position der AIG - aber sie ist dennoch viel zu konzentriert. So etwas darf nicht zugelassen werden, gerade wenn es sich dabei um US-Banken handelt - in Anbetracht des Chaos, das sie ohnehin schon angerichtet haben.
All jenen, die darauf bestehen, dass es sich bei all diesen konzentrierten Leerverkäufen, die von einer sehr geringen Anzahl von US-Banken ausgehen, schlicht und einfach um eine Anhäufung von Kundenaufträgen handelt, die sich legitim absichern wollen, kann ich nur erklären, wie unsinnig das ist. Die konzentrierte Short-Position beim Gold stieg innerhalb nur eines Monats auf ein Rekordniveau. Genau zur selben Zeit lag die angegebene Hegding-Position der Goldbergbauunternehmen auf so niedrigen Ständen, wie seit einem Jahrzehnt nicht mehr. Es kann gar nicht sein, dass eine riesige, konzentrierte Rekord-Short-Position für eine legitime Hedging-Position steht, wenn die eigentliche Hedging-Position auf Rekordtiefständen liegt.
Seien wir mal ehrlich: Diese Rekord-Short-Position an der COMEX, gehalten von zwei oder drei US-Banken, wurde etabliert, um spekulative Käufe seitens der technischen Hedgefonds auszugleichen. Es handelt sich nicht um Absicherungsgeschäfte, sondern nur um spekulative Plain-Vanilla-Leerverkäufe durch zwei oder drei US-Banken. Sie verkauften leer, weil sie überzeugt waren, sie könnten die Tech-Fonds am Ende zur Liquidierung zu niedrigeren Preisen bringen - wodurch sie schließlich Gewinne machen würden. Und normalerweise wäre das auch kein Problem, wenn große Finanzinstitutionen ein paar große spekulative Wetten abschließen. Wir leben jedoch nicht in normalen Zeiten und unter normalen Bedingungen. Die Leerverkäufe, ausgehend von zwei oder drei Banken, sind so konzentriert geworden, dass die Grenze zur Manipulation bei Weitem überschritten wurde. Wer starb denn und ließ sie zu den Königen der Preiskontrolle werden?
Transparenz ist eine Sache, Rechtschaffenheit ist aber eine komplett andere. Es ist lobenswert, dass die CFTC so transparent ist und die Daten, auf die ich mich beziehe, veröffentlicht. Aber wem nützt es, wenn diese Angaben veröffentlicht werden, aber keiner ehrlich genug ist, zu sagen, was diese Angaben nun eigentlich zu bedeuten haben? Die CFTC sollte endlich über dieses Problem sprechen.
Seit mehr als zehn Monaten führen sie jetzt schon Untersuchungen bezüglich der Konzentration durch - die dritte Untersuchung im Silbersektor innerhalb von fünf Jahren. Wenn sie auch diesmal feststellen, dass im Silbersektor nichts verkehrt läuft (und die Chancen darauf stehen leider gut), wird es keine weiteren Untersuchungen im Silbersektor geben - solange, bis der Silbermarkt hochgeht. Ganz am Ende wird es dann eine Untersuchung im Silbersektor geben, bei der festgestellt werden soll, warum es keiner hat kommen sehen.
Deswegen ist es auch so wichtig, dass Sie dem neuen Chairman der CFTC, Gary Gensler, Ihr Anliegen und Ihre Besorgnis zum Ausdruck bringen. Bitte lassen Sie ihn, zu seinem Vorteil, auch wissen, wenn Sie Zweifel daran haben, inwieweit er das Problem lösen könnte. Ich habe mir seine Qualifikationen und seinen Hintergrund genauer angeschaut. Er scheint eigentlich genau der Richtige dafür zu sein - clever, mit Sinn für die wichtigen Dinge wie Manipulation und Begrenzung spekulativer Positionen.
Ich hoffe, er erkennt, dass die Begrenzung spekulativer Positionen auch für Großbanken gelten muss - gerade weil diese in Wirklichkeit Spekulation betreiben. Er ist nicht verantwortlich für die derzeitige Manipulation beim Silber und beim Gold, und man muss ihn vernünftigerweise etwas Zeit lassen, damit er dieses Problem lösen kann. Ich bin sicher, er weiß besser als jeder andere, dass seine Zeit, die er zur Lösung dieses Problems hat, nicht unbegrenzt ist. Sollte er sich jedoch dieser Angelegenheit nicht annehmen, so wird sie schon bald zu seinem Problem.
Den COT-Berichten der letzten drei Wochen konnte man aber auch noch andere interessante Angaben entnehmen. Die Disparität zwischen Gold und Silber machte mich sprachlos: Beim Gold kam es zum Anwachsen der Netto-Short-Position aller Commercials zusammen und zum Anwachsen der konzentrierten Short-Position der vier größten Gold-Händler - beim Silber ist es jedoch, in beiden Kategorien, nicht dazu gekommen. Ich bekomme langsam das Gefühl, die großen Jungs (JP Morgan) zögern immer mehr, ihre Short-Position beim Silber weiter auszubauen - wohingegen sie beim Gold keine derartigen Skrupel haben. Das ist es zumindest, was ich aus den Angaben herauslese. Und was bedeutet das?
Das sind wiederum Spekulationen - doch ich habe den Eindruck, dass wir es hier nicht einem Zufall zu tun haben. Es ist immer offensichtlicher geworden, dass die große konzentrierte Short-Position beim Silber manipulativ ist und auch zum Gegenstand von Diskussionen werden muss. Wie kann ich wissen, ob dies von JP Morgan, der CFTC oder der Börse angestoßen wurde? Aber das ist auch nicht der springende Punkt. Ganz gleich, wer oder was hier gerne von steigenden Leerverkäufen wegkommen möchte, die Folgen könnten tiefgreifend sein. Sollte es stimmen, dann wäre das nichts weniger, als das Ende der Manipulation an sich.
Das soll jetzt nicht heißen, die großen manipulativen Shorts würden gleich kehrt machen und sich tot stellen. Sie sind immer noch mächtig und gefährlich, und ihre Short-Positionen sind immer noch sehr groß. Wenn alles nach Drehbuch läuft, werden sie versuchen, einen Sell-Off herbeizumanipulieren und die Techfonds dazu zu bekommen, ihre Long-Positionen auszuspucken. Nur dieses Mal scheinen sich die Großen Shorts viel stärker darauf zu verlassen, dass der Silberpreis fällt, wenn sie Druck auf den Goldpreis machen - anstatt Silber-Short-Positionen aufzutürmen, so wie sie es in der Vergangenheit gemacht haben. Ich weiß immer noch nicht, ob sie damit Erfolg haben werden, oder ob irgendetwas geschieht und ihnen diese ganze Sache völlig außer Kontrolle gerät; ich bin jedoch ziemlich sicher, was sie machen wollen.
Auf der einen Seite wird es schlechte Neuigkeiten geben, sollte es den Großen Shorts gelingen, die Gold- und Silberpreise nach unten zu manipulieren und jene Longs, die auf Margin handelten, aus dem Markt zu zwingen. Es ist so wie bei Schulhofschlägern, die ungeschoren davon kommen, wenn sie kleine Kinder verprügeln. Aber es wird ebenso gute Neuigkeiten geben, wenn sie die Techfonds aus dem Markt getrieben haben: Denn dann werden wir einen risikoarmen Einstiegspunkt bekommen, vielleicht den letzten für eine ganze Weile.
© Theodore Butler
(Diese Abhandlung wurde vom Silberanalysten Theodore Butler, einem unabhängigen Berater, verfasst. Investment Rarities teilt seine Ansichten nicht notwendigerweise, diese können sich als richtig oder falsch herausstellen.) Exklusiv übersetzt für GoldSeiten.de. Das Original wurde am 09.06.2009 auf der Website
www.investmentrarities.com veröffentlicht.
Quelle:
http://www.goldseiten.de/content/divers ... 62&seite=0