Sparzwang vs. Rezession:
Griechische Konjunktur steckt im Teufelskreis
Um Steuerausfälle auszugleichen, müsste die Athener Regierung eigentlich noch stärker sparen als bisher.
Damit aber triebe sie das Land noch tiefer in die Rezession.
Ein klares Dilemma - und noch ist unklar wie Finanzminister Papakonstantinou die Lage retten will.
von Gerd Höhler
Bild unrten : Geschlossene Geschäfte in Athen: Allein im Großraum der Hauptstadt haben seit Jahresbeginn 15 Prozent aller Einzelhändler dichtgemacht. Quelle: ap
ATHEN. Der wirtschaftliche Abschwung in Griechenland beschleunigt sich und lässt die Steuereinnahmen nur noch spärlich fließen.
Will Finanzminister Giorgos Papakonstantinou die mit der EU und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) vereinbarten Sparziele erreichen, müsste er eigentlich die Staatsausgaben stärker kürzen.
Doch damit würde er dem Wirtschaftskreislauf noch mehr Geld entziehen und womöglich die Rezession verschärfen - ein gefährlicher Teufelskreis.
Bisher hat Papakonstantinou bei der Haushaltsführung den Plan übertroffen.
In den ersten sechs Monaten hat er das Staatsdefizit um 45,4 Prozent reduziert; angesetzt ist für das Gesamtjahr ein Abbau um 39,5 Prozent.
EU und IWF lobten deshalb jüngst den "starken Start" des Konsolidierungsprogramms.
Wenn jeder 7. Bürger im öffentl. Sektor arbeit, bedeutet Sparen auch weniger Kaufen und weniger Einnahmen - SO IST DAS
Einnahmen weit hinter Plan
Der Erfolg ist allerdings hauptsächlich den Ausgabenkürzungen geschuldet. Bei den Steuereinnahmen dagegen hapert es.
Sie gingen im Juli gegenüber dem Vorjahr um 7% zurück.
Für die ersten sieben Monate ergibt sich zwar ein Anstieg um 4,2 Prozent. Im Budget ist allerdings für das Gesamtjahr eine Steigerung um 13,7 Prozent angesetzt - ein Ziel, das nur schwer erreichbar sein dürfte.
Die Flaute bei den Steuereinnahmen spiegelt die Talfahrt der griechischen Wirtschaft wider.
Für dieses Jahr prognostiziert der IWF einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um vier Prozent.
2011 soll die Wirtschaft erneut um 2,6 Prozent schrumpfen.
Auf diesen Annahmen beruht auch das Konsolidierungsprogramm der Regierung, das EU und IWF mit Hilfskrediten von 110 Mrd. Euro flankieren. Aber in vielen Wirtschaftsbereichen fällt der Abschwung bereits jetzt viel dramatischer aus.
Massive Steuererhöhungen, Gehaltseinbußen und die Inflation, die im Juli mit 5,5 Prozent den höchsten Stand seit 13 Jahren erreichte, haben die Kaufkraft auf das Niveau von 1984 gedrückt, so eine Studie des Gewerkschaftsdachverbandes GSEE.
Die Einkaufszentren melden für das erste Halbjahr Umsatzrückgänge von 14 Prozent, bei den Bekleidungshäusern sind es fast 18 Prozent.
Die Einnahmen im Tourismus, Griechenlands wichtigstem Wirtschaftszweig, liegen um 12% unter dem Vorjahr.
In der Bauwirtschaft beträgt das Minus 22 Prozent, die Schuhindustrie meldet einen Auftragsrückgang um fast 40 Prozent.
Dramatisch ist auch die Lage vieler Autohäuser: Im Juli, traditionell eigentlich ein starker Monat, ging die Zahl der Neuzulassungen um 64 Prozent zurück.
"Wir erleben einen Crashtest", sagt Vassilis Korkidis, Präsident des Zentralverbandes des Groß- und Einzelhandels.
Nach Verbandsangaben haben allein im Großraum Athen seit Beginn des Jahres 15 Prozent aller Einzelhändler dichtgemacht.
An der Stadiou-Straße, einer der beliebtesten Athener Einkaufsmeilen, steht jeder vierte Laden leer.
Der Verband schätzt, dass bis zum Jahresende 65 000 Betriebe Konkurs anmelden müssen und 150 000 Jobs im Handel verlorengehen.
Der Gewerkschaftsbund GSEE erwartet einen Anstieg der Arbeitslosenquote auf 20 Prozent.
Steigende Arbeitslosigkeit, Lohnkürzungen, Steuererhöhungen und hohe Inflation: ein gefährlicher Cocktail, der das Land noch tiefer in die Rezession treiben könnte und die Haushaltskonsolidierung erschwert.
Denn wenn das BIP schrumpft, steigen spiegelbildlich Defizit- und Schuldenquoten.
Wie Finanzminister Papakonstantinou die Einnahmeausfälle wettmachen will, ist noch unklar. Neue Steuererhöhungen scheiden zumindest in diesem Jahr aus. Sie würden die Konjunktur vollends abwürgen.
Papakonstantinou erwäge deshalb weitere Ausgabenkürzungen, etwa bei den öffentlichen Investitionen, berichten griechische Medien unter Berufung auf Regierungskreise.
Die Crux: Dadurch würde dem Wirtschaftskreislauf ebenfalls Geld entzogen. Ohnehin zieht der Staat massiv Liquidität ab, etwa durch die jetzt erhobene Sonderabgabe auf Unternehmensgewinne, mit der in diesem Jahr 870 Mio. Euro abgeschöpft werden.
Auch die defizitären Staatsbetriebe strangulieren die Wirtschaft.
Allein die Athener Verkehrsbetriebe und die Staatsbahnen fahren jeden Tag 4,3 Mio. Euro Verlust ein und haben in diesem Jahr einen Kreditbedarf von 1,56 Mrd. Euro.
Die Darlehen kommen überwiegend von den griechischen Geschäftsbanken - die entsprechend weniger Kredite an die Privatwirtschaft vergeben können.
Nur das funktioniert: Raus aus den Euro, Abwertung um 30-40%.
D.h. die brauchen ein Schuldenmoratorium. Alles andere sind fromme Wünsche.
Aufschwung oder Rezession? Wie sich die anderen PIIGS-Staaten schlagen
>>Portugal In der zweiten Jahreshälfte dürfte das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP), das im ersten Quartal noch überraschend hoch ausgefallen war, einen herben Dämpfer erfahren.
Denn die Zentralbank rechnet mit einer stark gebremsten Kauflust der Verbraucher.
Die Portugiesen sind nicht nur hoch verschuldet und bekommen deshalb nur noch schwer Kredit, sondern müssen eine um einen Prozentpunkt auf 21 Prozent erhöhte Mehrwertsteuer und höhere Steuern auf obere Einkommen verkraften.
Weil die Regierung darüber hinaus die Konjunkturprogramme beendet, Jobs im Staatssektor abgebaut und Infrastrukturprojekte zurückgefahren hat, rechnet die Notenbank für dieses Jahr noch mit 0,9 Prozent und für 2011 nur mit 0,2 Prozent BIP-Wachstum. ang
>>Irland Offiziell hat der einstige "Keltische Tiger" die Rezession überwunden.
So ist das BIP im ersten Quartal verglichen mit dem Schlussquartal 2009 um 2,7 Prozent gewachsen. Im Jahresvergleich ist die Wirtschaftsleistung allerdings um 0,6 Prozent geschrumpft.
Die Arbeitslosigkeit ist im Juli weiter gestiegen auf eine Quote von 13,7 Prozent; laut BBC verlassen monatlich rund 5 000 Iren auf der Suche nach einer besseren Zukunft das Land. Die Steuereinnahmen lagen im Juli 5,5 Prozent unter Vorjahresniveau und damit hinter den Prognosen der Regierung. Trotz gewaltiger Sparanstrengungen wird das Land sein Defizit bis Jahresende nicht in den Griff bekommen, die Iren rechnen deshalb mit weiteren Einschnitten:
"Die irische Wirtschaft ist vielleicht nicht mehr so schwach wie vor einem Jahr", heißt es im jüngsten Wirtschaftsbericht der KBC Bank und des Wirtschaftinstituts Esri. "Aber von einem ,Wohlfühlfaktor? kann nicht die Rede sein." mth
Irland interessiert auf Grund der Größe keine Sau.
>>Italien Im zweiten Quartal ist die Wirtschaftsleistung der drittgrößten Volkswirtschaft der Euro-Zone zwar um 1,1 Prozent zum Vorjahr gewachsen, aber für die zweite Jahreshälfte rechnen Ökonomen wegen des Sparpakets der Regierung mit einer Abschwächung.
Für das Gesamtjahr wird noch ein Plus von 0,8 Prozent erwartet.
Weil die Gesamtverschuldung schon bei 118 Prozent des BIP liegt, bleibt kein Spielraum für Konjunkturprogramme.
Der Gewerkschaftsverband CGIL erwartet, dass die Arbeitslosenrate von derzeit 8,7 Prozent bis Jahresende auf neun Prozent steigen wird.
Die Angst vor dem Jobverlust hemmt die Konsumlust der Bürger - und ihre Reisefreude: Fast 60 Prozent der Italiener machen laut Sozialforschungsinstitut Censis in diesem Jahr keine Urlaubsreise.
Die Tourismusbranche, die zwölf Prozent zum BIP beiträgt, tritt auf der Stelle. tkb
Die haben das gleiche Problem wie G., der Euro ist für Italien zu HART.
Vor dem Euro hat die Lira zur DM in 25 jahren ca. 9 mal abgewertet.
>>Spanien Die Wirtschaft wächst wieder - aber bisher nur im Schneckentempo.
Im ersten Quartal legte das BIP nach vorläufigen Zahlen der Zentralbank um 0,2 Prozent zum Vorjahr zu. Die Konjunkturexperten der Bank BBVA warnen, dass die Wirtschaftsleistung im dritten Quartal sogar wieder leicht schrumpfen könnte.
Schuld daran seien das Sparpaket der Regierung und die Ungewissheit auf den Kapitalmärkten.
Madrid hatte im Juli die Mehrwertsteuer erhöht und die Beamtengehälter gekürzt. Auf den Binnenkonsum schlägt zudem die
anhaltend hohe Arbeitslosigkeit von über 20 Prozent sowie die hohe private Verschuldung der Spanier.
Die ist nach Meinung von José García Montalvo von der Universität Pompeu Fabra das größte Problem für die Konjunktur:
"Und solange die Wirtschaft nicht rascher wächst, kann der Privatsektor seine Schulden nicht schneller abbauen." ang
Welche Wirtschaft ?
Der größte Betrug am Deutschen war die Aussage, das der Euro so stabil sei wie die DM