Eigentlich passiert, was passieren mußte, wenn man ein Land totsparen will.
Es sind eben nicht alle Ländermichels so treudoff wie wir Deutschen.
Märkte pessimistisch:
Griechenland kommt nicht aus der Krise
Streiks, Proteste, Bombenterror: das krisengeschüttelte Griechenland kommt nicht zur Ruhe.
Ministerpräsident Papandreou bekräftigt zwar seinen Reformwillen – ungeachtet der politischen Kosten, wie er sagt.
Aber wenn das Land die Krise meistern will, braucht es einen gesellschaftlichen Konsens.
Und der ist bisher nicht zu erkennen.
Und auch die Finanzmärkte scheinen wieder wachsende Zweifel zu hegen.
von Gerd Höhler
ATHEN. Für die Griechen war es keine gute Woche.
Erst das Aus bei der Fußballweltmeisterschaft in Südafrika – dabei hätte das mutlose Land gerade jetzt einen sportlichen Erfolg, wie er der Elf von Otto Rehhagel 2004 mit der Europameisterschaft gelang, so gut gebrauchen können.
Tags darauf die wilden Streiks im Hafen von Piräus:
Hunderte verzweifelte Touristen, die auf ihren Koffern in der sengenden Sonne ausharren, sich als Geiseln fühlen – Bilder, die um die Welt gehen und keine Werbung sind für den ohnehin notleidenden griechischen Tourismus. Last-Minute-Gäste gewinnt man so jedenfalls nicht.
Und dann geht am Donnerstagabend auch noch eine Bombe hoch – nicht irgendwo, sondern im Vorzimmer des Ministers für Bürgerschutz, der für die Polizei zuständig ist und bisher als erfolgreicher Terroristenjäger galt. Während die Gewerkschaften für den kommenden Mittwoch zu einem weiteren Generalstreik aufrufen, bereits dem fünften in diesem Jahr, fragen sich immer mehr Griechen:
Wohin treibt das vom Staatsbankrott bedrohte Land?
Kann es überhaupt noch die Kurve kriegen?
Die Finanzmärkte scheinen nach einer Phase vorsichtiger Zuversicht daran wieder wachsende Zweifel zu hegen.
Schon die Hafenblockade in Piräus schickte die Kurse der griechischen Staatsanleihen auf Talfahrt.
Als Reaktion auf den Terroranschlag schossen die Kosten für die Kreditausfallversicherung griechischer Bonds, die Credit Default Swaps (CDS), dann auf ein neues Rekordniveau:
um Anleihen von 10 Millionen Euro zu versichern, mussten institutionelle Anleger am Freitag 1,137 Millionen Euro bezahlen.
Die Rendite der zehnjährigen griechischen Anleihen stieg auf fast 10,5%.
Neben Besorgnissen um die politische Stabilität in Griechenland lasteten auf den Kursen auch Zweifel, wie lange und in welchem Umfang die Europäische Zentralbank noch griechische Staatspapiere kauft, um die Kurse zu stützen.
Dabei schien Griechenland schon fast gerettet, als die Europäische Union (EU) und der Internationale Währungsfonds (IWF) Anfang Mai ihren Schutzschirm aufspannten.
Aber nur in den Augen von euch Journalisten !
Auch MSM (Mainstreammedien) genannt. Weil ihr Säcke keine eigene Meinung sondern nur die Eures Chefs und damit die der Politik habt.
Mit Krediten von 110 Milliarden Euro wollen sie Griechenland in den nächsten drei Jahren beistehen.
Ne ne - da wollten nur die Banken ihre Ärsche retten.
Aber an den Finanzmärkten fragt man natürlich, was danach passiert.
Kann Griechenland bis 2013 seine horrenden Haushaltsdefizite so weit abbauen, dass die Schuldenspirale gestoppt wird und sich der Athener Finanzminister Giorgos Papakonstantinou wieder zu halbwegs vertretbaren Konditionen an den Finanzmärkten Geld leihen kann?
Natürlich nicht - das war vorher klar.
Und wird das Land bis dahin jene Strukturreformen umsetzen, die seine Wirtschaft international wieder wettbewerbsfähig machen könnten?
Die Regierung von Giorgos Papandreou bekräftigt ihre Entschlossenheit. Und tatsächlich hat Finanzminister Papakonstantinou bei der Haushaltskonsolidierung in den ersten fünf Monaten Erfolge vorzuweisen, wie jetzt auch die Inspektoren der EU und des IWF bestätigten:
das Defizit konnte gegenüber dem Vorjahr um fast 39% abgebaut werden.
Im Sparprogramm, das die Athener Regierung mit EU und IWF vereinbart hat, ist für das Gesamtjahr ein Defizitabbau von 35% vorgesehen.
Bei der Rückführung der Haushaltsausgaben lag Papakonstantinou mit einem Minus von 10,5% sogar weit vor dem Plan,
der Einsparungen von 4,8% vorsieht.
Papier war und ist geduldig. Die Prozente darf man nicht so verbissen sehen
Papakonstantinou erwartet überdies, dass der wirtschaftliche Abschwung nicht ganz so steil ausfallen wird wie bisher befürchtet:
„Ich sehe Licht am Ende des Tunnels“, sagte der Minister diese Woche im Handelsblatt-Interview.
Das habe ich schon einmal von Ackermann gehört. Ist nun schon mehr als 1 Jahr her. Wie sich herausstellte waren es dann die Lichter eines entgegenkommenden ICE.
Aber noch lässt sich nicht beurteilen, wie nachhaltig diese Konsolidierung ist und ob die Sparziele der beiden kommenden Jahre erreicht werden.
Mit Haushaltsdisziplin allein ist es überdies nicht getan.
Wenn Griechenland diese Krise meistern will, muss es an den eigentlichen Ursachen arbeiten.
Wie war, wie war
Sie liegen nicht nur in chronischen Strukturschwächen, wie der Überregulierung vieler Wirtschaftsbereiche,
der grassierenden Korruption und der Vetternwirtschaft, sondern auch in einem seit Jahrzehnten kultivierten Anspruchsdenken, das die ökonomischen Realitäten ignoriert.
Das zeigt die gegenwärtig in Griechenland geführte Diskussion um die Reformen des Rentensystems und des Arbeitsmarktes.
Schon angesichts der demografischen Entwicklung, die in Griechenland sogar noch weitaus ungünstiger verläuft als im EU-Durchschnitt, ist es nicht nachhaltig finanzierbar, dass Staatsdiener mit Ende 50 in Pension gehen und Ruhegehälter beziehen, die das letzte Gehalt erreichen oder sogar übertreffen.
Doch die Gewerkschaften der Staatsbediensteten klammern sich verbissen an diese Privilegien. Auch die von der Regierung geplante Lockerung des Kündigungsschutzes, von der man sich Investitionen und neue Arbeitsplätze versprechen darf, stößt bei den Gewerkschaften auf erbitterten Widerstand.
Sowohl die Renten- wie auch die Arbeitsmarktreform werden seit Jahrzehnten von internationalen Organisationen wie der OECD, der Weltbank, dem IWF und der EU immer wieder angemahnt.
Bisher brachte keine griechische Regierung den politischen Willen auf, sie umzusetzen.
Erst unter dem Diktat der EU und des IWF will (und muss) die Regierung Papandreou jetzt innerhalb weniger Monate diese Reformen anpacken.
Für ihre Umsetzung braucht Papandreou allerdings nicht nur eine parlamentarische Mehrheit sondern auch einen gesellschaftlichen Konsens. Doch davon ist Griechenland weit entfernt.
Die oppositionellen Konservativen, die mit ihrer verantwortungslose Ausgabenpolitik und hemmungslosen Klientelwirtschaft die Krise wesentlich mitverschuldet haben, verweigern sich allen Reformvorhaben. Oppositionschef Antonis Samaras lehnt sogar die Hilfskredite von EU und IWF ab – ohne bisher allerdings erklären zu können, wie er das Land vor dem Staatsbankrott bewahren würde.
Die kommunistische Partei Griechenlands, die ideologisch noch im Korsett des Stalinismus steckt, verfolgt ohnehin eine eigene Agenda: sie sieht diese Krise als die Entscheidungsschlacht im Klassenkampf und versucht, Griechenlands kapitalistische Wirtschaft kaputt zu streiken.
Auf dem Weg zur Revolution des Proletariats brauche man sich weder an die Verfassung noch an Gesetze zu halten, ermuntert KP-Chefin Aleka Papariga ihre Anhänger.
Vielleicht muß die EU sogar aufpassen, das die Griechen ihr Heil nicht bei den Russen suchen. Die würden sich eine Annäherung sicher etwas kosten lassen.
Dass sich die Kommunisten jetzt mit ihren wilden Streiks und Blockaden vor allem auf den Tourismus konzentrieren, Griechenlands wichtigsten Wirtschaftszweig, der 15% zum Bruttoinlandsprodukt beisteuert und jeden 5. Arbeitsplatz repräsentiert, ist aus ihrer Sicht folgerichtig, volkswirtschaftlich aber fatal.
Denn der Fremdenverkehr ist die einzige Branche, die dem Land schnell wieder Wachstum bescheren könnte.
Wachstum vielleicht, aber es kann die Probleme nicht lösen.
Und nur wenn die Wirtschaft wieder wächst, kann Griechenland beginnen, seinen erdrückenden Schuldenberg abzutragen.
Es darf gelacht werden. Das schafft nicht einmal Deutschland.
Doch dieses Ziel rückt mit jedem Streik, mit jeder Blockade, mit jeden Terroranschlag weiter in die Ferne.
Bei allem Respekt, den es auf der internationalen Bühne für den Reformpremier Papandreou gibt, ist es kein Wunder, dass die Finanzmärkte den Griechen misstrauen.