„Wir sind in keiner Erholung”
März 5th, 2011 Die Autorin und Journalistin Nomi Prins (“It Takes a Pillage”) erklärt in einem Exklusiv-Interview ihre Sicht auf die Unruhen im Nahen Osten, die Ursachen für den steigenden Ölpreis und die großen Geschichten in den Edelmetall-Märkten.
Von Lars Schall
Nomi Prins wuchs im US-Bundesstaat New York auf. Nach ihrem ihrem Universitätsstudium der Mathematik und Statistik arbeitete sie für Chase Manhattan, Bear Stearns in London und als Managing Director bei Goldman Sachs an der Wall Street. Nachdem sie die Finanzbranche verließ, wurde sie eine herausragende Finanzjournalistin, die drei Bücher geschrieben hat, darunter das sehr zu empfehlende Werk “It Takes a Pillage: Behind The Bailout, Bonuses, and Back Room Deals from Washington to Wall Street”, das im September 2009 bei Wiley veröffentlicht wurde
Im Lichte dieser Entwicklungen: Was sind Ihre Erwartungen für Edelmetalle und was ist Ihre Meinung bezogen auf eine der großen Geschichten im Edelmetallsektor dieser Tage – den Silber-Shorts?
Die Silber-Shorts sind in der Tat eine interessante Geschichte gewesen, die im Grunde in den letzten paar Jahren im Internet berichtet wurde, dabei zumeist fokussiert auf den SLV-Exchange Traded Fund, der auf Silber basiert, dessen Depotbank des Silbers, das angeblich die Anteile deckt, JP Morgan ist. Heute zum Beispiel haben wir gesehen, dass 42 Millionen Anteile dieses ETFs gehandelt wurden. Diese Art von Volumen ist teils auf den allgemeinen Anstieg der Investitionen und Spekulationen mit Rohstoffen zurückzuführen,
teils, weil Silber derzeitig als eine fast inoffizielle Währung angesehen wird, wie Gold, wenn auch mit mehr industriellen Verwendungen als beim Gold.
Man kommt nicht auf 42 Millionen Aktien des größten Silber-ETFs, der angeblich über ausreichende Mengen an Silber-Deckung verfügt (obwohl ein Teil der Silber-Short-Geschichte der ist, dass es nicht klar ist, wie viel physisches Silber wirklich als Abdeckung vorhanden ist, von daher könnte JP Morgan Silber hinter den Kulissen verkaufen, um so den Preis so niedrig zu halten, wie sie können, um zu verhindern, dass SLV-Aktionäre große Mengen davon zu höheren Preisen einlösen, die JP Morgan zahlen müsste, um das Silber bereitzustellen), ohne eine Menge an begleitenden Handel – Index-Handel, Hedge-Fonds-Handel und so weiter – auf dem Wege. Dies alles trägt dazu bei, das Volumen und den Preis zu steigern,
und falls es einen massive Engpass im Silbermarkt gibt, können die Dinge sehr chaotisch werden, wenn die Shorts sich umorientieren und Silber kaufen müssen – es würde die Preise sogar noch höher treiben, und das sehr schnell.
Zum Beispiel habe ich mir bei dem reduzierten Silberangebot heute die Kataloge auf der Website der US-Münzprägeanstalt angesehen (die US-Mint schafft neue Münzen, von denen manche in Umlauf kommen, und einige andere sind Sammler-Münzen, die nicht in Umlauf kommen, wie die unzirkulierenden American Eagle Silbermünzen).
Und sie haben effektiv die Produktion dieser Münzen eingestellt,
tatsächlich sagt die US-Mint auf ihrer offiziellen Webseite, dass sie die Produktion der unzirkulierenden American Eagle Silbermünzen nicht wieder aufnehmen werden, bis sie genug Silber haben, um all die verschiedenen Arten von ihnen herstellen zu können, die in der Vergangenheit zum Standard gehörten. (v)
Der US-Mint ist also im Grunde ausreichend Silber ausgegangen, um die Nachfrage der physischen Silber-Investoren und -Spekulanten erfüllen zu können.
Und der SLV-ETF ist mittlerweile der am höchsten gehandelte Vertreter für Silber geworden, und weil es, noch einmal gesagt, nicht klar ist, wie viel Silber den SLV-ETF deckt, suchen die Menschen nach anderen Wegen, um Silber zu kaufen, was ein anderer Grund für den Preisanstieg ist, wie er von der Angebots- und Nachfrage-Situation der US-Mint zusätzlich zu der Angebots- und Nachfragesituation bei den nicht-physischen Spekulanten gekennzeichnet wird.
Und ich denke, dass das auch weiterhin die Preise hochtreiben wird, begleitet von Gewinnmitnahmen, die sie kurzzeitig hier und dort dämpfen werden.
Zurzeit ist gerade sehr viel von einer hortenden Mentalität vorhanden, eine Blase, die sich mit künstlichen Fonds wie dem SLV selbst fortsetzt. Wenn die Aktionäre sich wirklich entscheiden, große Mengen ihrer Aktien für physisches Silber einzutauschen, oder wenn JP Morgan gezwungen ist, transparent zu machen, was sie wirklich im Vergleich zu ihrem ETF an Silber halten, werden wir einen interessanten Punkt erreichen.
Im Moment denke ich, gibt es noch eine Menge Kaufrausch für jegliche Form von Silber, die sicherlich die beim Gold übertrifft, obwohl Gold offiziell als potenzielle Reservewährung angesehen wird und Silber nicht.
Denken Sie generell, dass beide Metalle noch viel höher steigen werden?
Ja, ich glaube, das werden sie. Es gibt eine grundlegende Schwäche der Weltwirtschaft. Es gibt eine grundlegende Schwäche der US-Wirtschaft. Der Federal Reserve-Vorsitzende Ben Bernanke, Präsident Obama und Finanzminister Geithner reden alle über diese Erholung, in der wir uns angeblich befinden. Offenbar sind wir für sie in einer Erholungsphase seit Mitte 2009 gewesen, aber echte Menschen sehen das nicht. Je weniger sie Arbeitsplätze finden, je länger sie aus Arbeitsverhältnissen heraus sind, desto teurer es für ist, Lebensmittel, Benzin und andere grundlegende Dinge zu kaufen, einschließlich ihre Gesundheitsversorgung, und je mehr Leute von Zwangsvollstreckungen inmitten des Monats mit den niedrigsten Immobilienpreisen konfrontiert werden, seit diese „Erholung“ offiziell begann, desto klarer erkennbar ist, dass wir in keiner Erholung sind.
Wir sind in einer schwachen, nicht in einer stabilen Situation trotz all diesem Gerede.
Der Dollar ist schwach, und das zieht Geld beispielsweise aus den Taschen der Amerikaner, die mehr für eingeführte Dinge bezahlen und weniger für exportierte Dinge erhalten. Außerdem sind unsere Staatsschulden von $ 5,4 auf $ 9,4 Billionen innerhalb von zwei Jahren hochgegangen, das ist eine außerordentliche Menge und Erhöhung. Das sind Schulden, mit denen die Regierung ihre eigene Währung kauft und ihre eigenen Schulden zirkulieren lässt, aber es geht nicht raus in die reale Wirtschaft.
Solange das der Fall ist, solange die Wirtschaft schwach ist und immense Schulden verwendet werden, um den Dollar zu stützen, und solange spekulatives Kapital existiert, das nach halbwegs sicheren Investitionen sucht, zumindest kurzfristig, wird der Metall-Markt weiter nach oben gehen. Es könnte Tage geben, wo er auf der Basis von Gewinnmitnahmen oder aus anderen Gründen runtergeht, aber im Allgemeinen wird er höher klettern.