Altcoins I: Der Bitcoin als virtuelle Leitwährung – das erste digitale Ding, das sich verhält, als sei physisch
Dienstag, der 18. März 2014
Für die kunterbunte Subkultur der Altcoins stellt der Bitcoin die Leitwährung dar. Im ersten Teil einer Altcoin-Serie erklären wir, warum.
Es ist ziemlich leicht, den Bitcoin zu unterschätzen. Man könnte ihn zum Beispiel auf den Preis reduzieren. Oder darauf, dass er ein überlegenes Zahlungsmittel ist. Beides ist wichtig, greift aber zu kurz. Denn der wesentliche Punkt ist, dass der Bitcoin eine vollkommen neue Technologie darstellt:
Das erste digitale Gut, das ebenso knapp ist wie ein reales Ding.
Alles im Internet ist Code und Datei, und damit, sofern man an der richtigen Stelle im System sitzt, beliebig vervielfältigbar. Man kann alles löschen, editieren und kopieren.
Einen Bitcoin dagegen kann nur einmal ausgegeben werden. Punkt. So wie man ein Streichholz nur einmal anzünden, einen Stein nur einmal in eine Mauer setzen und eine Kartoffel nur einmal essen kann. All dieser schrecklich komplizierte Propanz um den Bitcoin herum, die Miner, die Blöcke, die Hashrate, die Bestätigungen – das dient nur einem Zweck: Nämlich sicherzustellen, dass ein Bitcoin nur einmal ausgegeben werden kann und dass es niemals mehr als 21 Millionen gibt.
So etwas gab es zuvor noch nicht: Ein virtuelles Gut, das sich verhält, als es es physisch. Es ist sinnlos, sich den Kopf darüber zu zerbrechen, in welche Schublade man den Bitcoin stecken sollte. Eine Währung? Ein Protokoll? Eine Anlage? Eine Datenbank? Egal. Der Bitcoin ist das erste rein digitale Objekt, das einen harten Wert hat – nicht wegen des Inhaltes, wie ein Patent, sondern wegen der Schale. Nochmal Punkt.
Um den Bitcoin herum wurde nun, in mühevoller und langer Arbeit, eine im Großen und Ganzen funktionierende Infrastruktur aufgebaut, die es ermöglicht, jederzeit Bitcoins gegen Euro oder Dollar oder andere Fiat-Währungen zu tauschen. Dies ist die zweite Neuheit, die der Bitcoin der Welt gegeben hat: Es gibt (mehr oder weniger) stabile Kanäle, durch die eine virtuelle, von niemandem verordnete, Währung gegen „echtes“ Geld getauscht werden kann. Und das in großen Summen.
Eine verwirrend bunte Subkultur
Im Gefolge des Bitcoins hat sich mittlerweile eine verwirrend bunte Subkultur alternativer virtueller Währungen, die sogenannten Altcoins, gebildet. So gut wie alle Altcoins bauen auf dem auf, was der Bitcoin hervorgebracht hat. Man kann es sich ein wenig so vorstellen, wie ein mittelalterliches Dorf, in dem sich ein- oder zweistöckige Häuser um die Kirche herum gruppieren. Der Bitcoin ist die klare Leitwährung der Altcoins. Er ist der Schlüssel, um Altcoins zu erwerben; deren Preis wird üblicherweise nicht in Euro oder Dollar angegeben, sondern in Bitcoins. Der Bitcoin ist die harte Währung im virtuellen Raum; er gibt virtuellen Währungen einen Wert. Damit wurde ein ungeheurer Innovationsschub ausgelöst, der derzeit noch ganz am Anfang steht.
Bis Mitte 2013 waren Altcoins kaum ein Thema. Viele Bitcoiner haben in dieser Hinsicht konservativ gedacht und gefürchtet, die Altcoins würden die Inflation, die der Bitcoin doch aus der Welt schaffen sollte, durch die Hintertüre wieder einführen. Mittlerweile hat jedoch ein breites Umdenken eingesetzt, und es gibt kaum mehr jemanden, der bezweifelt, dass Altcoins nützlich sind und, vor allem, den Bitcoin wertvoller machen. Altcoins können ein Rettungsboot sein können, falls der Bitcoin scheitert, sie können seine Schwächen ausgleichen und seine Architektur kreativ weiterentwickeln. So gibt es Altcoins, die schneller sind als der Bitcoins, die nur mit dem Prozessor zu minen sind, mithilfe von wissenschaftlichen Berechnungen gemined werden, vollständig anonym sind, eine noch stärkere Kryptografie nutzen und noch vieles mehr.
Manche meinen, über kurz oder lang würde ein Altcoin den Bitcoin ersetzen, was dann in der Redewendung, Bitcoin sei das MySpace der virtuellen Währungen, zum Ausdruck kommt. Welcher Altcoin nun das Facebook der virtuellen Währungen wird, ist aber noch längst nicht entschieden. Falls überhaupt.
Unsere Vermutung ist, dass in einer mittelfernen Zukunft verschiedene Altcoins als Alltagswährungen zirkulieren werden. Der Bitcoin hingegen wird deren Leitwährung und Wertanker bleiben. Sozusagen virtuelles Gold.
quelle und Autor ist Christoph Bergmann