der Eine so - der Andere so
Genug Futter zum streiten
CHARTTECHNIK - Das Ende der Goldhausse?
Nach dem Rekordhoch vom Sommer musste der Goldpreis zuletzt deutlich Federn lassen.
Chartexperte Wieland Staud über die weiteren Aussichten des Edelmetalls.
von Wieland Staud, Technischer Analyst Staud Research
Vor etwa zwei Monaten wurde ich Zeuge einer in meinen Augen völlig skurrilen Szene:
Zu normalen Geschäftszeiten standen sich vor einem stattbekannten Goldhändler ungeduldige Menschen die Beine in den Bauch.
Es mag ein wenig naiv gewesen sein, die Wartenenden nach Ihrer Begehr zu fragen.
Aber ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass alle in dieser Menschenschlange deshalb draußen um Gold anstanden, weil drinnen einfach kein Platz mehr war.
Ein solches Verhalten ist nur dann wirklich erklärbar, wenn die Verunsicherung der Menschen ein maximales Maß erreicht hat und sie aus nackter Verzweiflung um jeden Preis versuchen, in den Besitz des in ihren Augen einzig verblieben Rettungsanker zu kommen.
Für einen Analysten läuten in einer solchen Situation alle Alarmglocken. Wenn die Angst so groß geworden ist, dass man bereit ist, sich in aller Öffentlichkeit als Goldkäufer zu „outen“, dann ist höchste Vorsicht geboten. Wenn die Milchmädchen die Kurse machen, dann ist die Hausse vorbei oder deren Ende liegt zumindest in unmittelbarer Nähe.
In der zurückliegenden Woche hat die Feinunze Gold mit Kursen unter rund 1670 Dollar den im Chart abgebildeten, langfristigen aufwärts gerichteten Basistrend gebrochen.
Eine Entwicklung, die perfekt ins Bild passt.
Wenn ein solcher Trend bricht, dann ist der Bullenmarkt im Regelfall erst einmal vorbei und die Wahrscheinlichkeit einer nachhaltigen Trendwende grundsätzlich groß.
Mit einem weiteren Kursrückgang in Größenordnungen wenigstens 15% muss dann in 8 von 10 Fällen auf jeden Fall immer gerechnet werden.
Vor diesem Hintergrund gehe ich in den kommenden Wochen von weiteren Kursrückgängen bis in den Bereich der Unterstützungen um rund 1430 Dollar aus.
Die Frage, ob auch die gesamte Goldhausse der letzten 10 Jahre zusammenbrechen und in der überschaubaren Zukunft wieder Kurse unter 1000 Dollar auf der Agenda stehen werden, kann derzeit kaum mit hinreichender Wahrscheinlichkeit beantwortet werden.
Aber ab sofort wäre es unklug, ein solches Szenario auszuschließen.
Was bleibt ist die Frage nach dem Zustand der Krise, wenn die Krisen-währung schlechthin den Rückwärtsgang einlegt.
Der Gedanke liegt nahe, dass die Stimmung an den Märkten und in der Öffentlichkeit weit schlechter ist als die tatsächliche Lage.
schräge Linie ist der langfristig Aufwärtstrend; auf dem Niveau bei 1600 und 1430 Dollar befinden sich Unterstützungen; 1430 Dollar stellt gleichzeitig das Ziel dar. Der rote Kreis markiert die Bruchstelle des Aufwärtstrends.
19.12.2011
Goldpreis-Sturz:
Was geschah in der Nacht nach dem dritten Advent?
Michael Brückner
Cui bono? Wer den deutlichen Rückgang des Goldpreises in den zurückliegenden Tagen erklären will, muss diese klassische kriminalistische Frage stellen. Wem nutzt es, wenn der Wert des gelben Edelmetalls in knapp drei Wochen um bis zu zehn Prozent sinkt? Es fördert mit Sicherheit nicht den Ruf des Goldes als »sicherer Hafen« in der anhaltenden Schuldenkrise. Das ist ganz im Sinne der Regierungen und Notenbanken. Denn stark steigende Goldpreise sind vor allem eines – ein klares Misstrauensvotum gegenüber dem Papiergeld, mit dem derzeit die Märkte geflutet werden
Schon vor dem jüngsten Einbruch des Goldpreises bewegte sich der Wert des Edelmetalls wochenlang seitwärts.
»Genau das wollen Regierungen und Notenbanken – die ›Fluchtwährung Gold‹ soll als unattraktiv dargestellt werden«, sagt ein in der Bodenseeregion ansässiger intimer Marktkenner.
Die Mainstreammedien verstärken aufkommende Zweifel von Anlegern auf subtile Weise. Wann immer Journalisten oder sogenannte Verbraucherschützer über Gold berichten,
sprechen sie vom »vermeintlich sicheren Hafen«. Vermeinen bedeutet in der deutschen Sprache aber irrtümlich glauben.
Demnach wäre es also ein Irrtum, Gold für einen sicheren Hafen zu halten. Die vorläufige Bilanz des Jahres 2011 spricht indessen eine andere Sprache: Trotz eines zweimaligen markanten Einbruchs des Goldpreises liegt die Jahres-Performance des Edelmetalls seit Januar bei deutlich über zehn Prozent (Stand: 16. Dezember). Der deutsche Aktienindex Dax hingegen verlor im selben Zeitraum fast 20 Prozent.
Doch zurück zur Frage, was den jüngsten Preissturz beim Gold ausgelöst hat. In der Nacht vom dritten Advent auf Montag, den 12. Dezember, geschahen an den asiatischen Märkten seltsame Dinge.
Während die Europäer in die vorletzte Arbeitswoche vor Weihnachten schlummerten, wurden in Fernost innerhalb kurzer Zeit ungewöhnlich große Mengen Gold verkauft.
Das zeigte umgehend Wirkung: In nur zehn Minuten gab der Goldpreis um 20 US-Dollar pro Unze nach. Wer war der Verkäufer? Darüber gibt es bisher nur Spekulationen, aber angesichts der großen Goldmengen, die plötzlich abgestoßen wurden, handelte es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um eine Zentralbank. Am Tag danach hielten sich an den Märkten hartnäckig Gerüchte, wonach die US-Notenbank Fed massiv in den Handel eingegriffen habe.
Während nämlich Politiker und viele Journalisten die Beschlüsse des jüngsten EU-Krisengipfels noch als Durchbruch und die deutsche Kanzlerin als »Königin der Nacht« feierten, beurteilten die Marktteilnehmer die wachsweichen Vereinbarungen viel skeptischer.
Ein weiterer deutlicher Anstieg des Goldpreises habe unbedingt verhindert werden müssen, weil es das Vertrauen in die Papierwährungen untergraben hätte, berichtete die Wiener Presse (12. Dezember 2011). Marktberichte über Goldverkäufe durch die Fed, die Bank of England und die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) gab es schon seit Anfang Dezember.
Die Operation »Golddämpfer« zeigte Wirkung. Der plötzliche und außergewöhnlich heftige Preisrückgang schürte bei manchen Anlegern die Angst, nun könnte die angebliche Goldblase platzen.
Sie trennten sich ebenfalls von ihren Edelmetallbeständen und beschleunigten dadurch die Talfahrt.
Und als am Ende sogar die 200-Tage-Linie unterschritten wurde, gab es beinahe kein Halten mehr.
Die Charttechnik lebt im Wesentlichen vom Prinzip der sich selbst erfüllenden Prophezeiung. Wird eine wichtige Marke durchbrochen, setzen automatisch Verkäufe ein. Das große Volumen an »Papiergold«, also an handelbaren Wertpapieren mit und ohne Goldunterlegung, kann den Abwärtstrend erheblich beschleunigen, vor allem durch spekulative Leerverkäufe.
Obwohl sich der Goldpreis nur wenige Tage nach den Einbußen von Mitte Dezember wieder erholte – nicht zuletzt, weil viele Investoren die günstigen Preise zum Einstieg nutzten –, stellen sich manche Anleger die Frage, ob es wirklich sinnvoll war, physisches Gold zu kaufen.
Wer vor knapp zwei Jahren Gold erwarb, zahlte dafür etwa 900 US-Dollar pro Feinunze. Selbst wenn der Goldpreis vorübergehend unter die 1.500-Dollar-Marke fallen würde, wäre die Performance trotzdem noch hervorragend.
Unmittelbar nach dem jüngsten Preisrutsch hörten wir uns bei Edelmetallexperten aus dem In- und Ausland um und baten um eine Prognose für das Jahr 2012.
Die Botschaft ist klar: Keiner der Experten geht von einem anhaltend rückläufigen Goldpreis aus.
Bei weiteren Marktmanipulationen seitens der Notenbanken kann es allerdings kurzfristig zu Rückschlägen kommen.
Die Pessimisten unter den Edelmetallexperten gehen für das nächste Jahr von einer Seitwärtsbewegung des Goldpreises zwischen 1.600 und 1.700 US-Dollar aus. Die Optimisten (darunter die amerikanische Citigroup) halten bis Ende 2012 sogar einen Unzenpreis von 2.400 US-Dollar für möglich.
Die weitaus meisten Marktbeobachter prognostizieren für das Jahr 2012 Goldpreise zwischen 2.000 und 2.100 US-Dollar pro Unze.
Als Gründe werden die hohen Inflationsrisiken, die nach wie vor ungelöste Schuldenkrise und nicht zuletzt die Tatsache genannt, dass der langfristige Aufwärtstrend nach wie vor intakt sei.
Es ist also keine schlechte Idee, vorübergehende Preisrückgänge zu nutzen, um die Goldbestände aufzustocken. Allerdings sollte man sich in den nächsten Monaten auf eine weiter zunehmende Volatilität einstellen. Das heißt, die kurzfristigen Preisschwankungen können kräftig ausfallen. Mittel- bis langfristig orientierte Anleger muss dies aber nicht beunruhigen
„Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu lassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert.“
(Albert Einstein, 1879–1955)