Des Pudels Kern.
Einer hat es wohl doch begriffen.
Am Ende des Beitrages der gleiche Mist wie immer
Aber eine Schwalbe macht noch keinen Sommer.
Statt zu sparen, könnte der, der es sich leisten kann auch deutsche Produkte kaufen.
Da müßte man aber mehr als 1200 € Brutto verdienen.
Aber das ist alles ein Kreislauf, den man endlich mal wieder durchbrechen muß.
Wirtschaftsweiser Bofinger
„Wir brauchen einen neuen Hartwährungsblock“
Die Deutschen haben unheimlich viel gespart, aber ein großer Teil davon floss in amerikanische, irische oder spanische Subprime-Papiere.
„Und jetzt haben wir davon nur Forderungen mit zweifelhaftem Wert“, sagt der Ökonom Bofinger und erklärt, wieso der Staat sich jetzt verschulden muss.
16. November 2010
Herr Bofinger, alle reden über Ungleichgewichte. Wieso müssen die uns überhaupt kümmern?
Es ist schon sinnvoll, dass man bei großen Ungleichgewichten genau hinsieht. Es darf nur nicht zu schematisch werden, denn solche Ungleichgewichte sind nicht immer schlecht.
Sie zeigen, ob Länder über oder unter ihre Verhältnisse leben.
Manche verschulden sich und importieren viel, das sind die Defizitländer, andere sparen und exportieren viel, das sind die Überschussländer. Für eine gewisse Zeit ist dagegen gar nichts einzuwenden.
Wieso?
Das ist wie bei Ihnen: Wenn Sie arbeiten, nehmen Sie mehr Geld ein, als Sie ausgeben. Dann sparen Sie und haben quasi einen Leistungsbilanzüberschuss. Wenn Sie älter werden, brauchen Sie Ihr Erspartes auf und haben quasi ein Leistungsbilanzdefizit.
Das darf nur nicht ewig so gehen.
Genau. Sonst kommen diejenigen, die über ihre Verhältnisse leben, in Finanzierungsschwierigkeiten.
Von einer festen Grenze für Ungleichgewichte, wie Amerikas Finanzminister sie gefordert hat, halten Sie dennoch nichts?
Das ist problematisch, der Wert ist völlig willkürlich gewählt. Und ein Defizit kann ja ganz unterschiedliche Ursachen haben:
Der Staat kann über seine Verhältnisse leben, der Privatsektor aber auch, so wie wir es in Spanien und Irland erlebt haben.
Und dann kann ein Defizit auch noch entstehen, weil die Firmen nicht wettbewerbsfähig genug sind. Man muss genau hinsehen, was sich dahinter verbirgt. Mit den Überschüssen ist es ähnlich.
Die Deutschen haben sich gemerkt: Wir müssen sparen, weil wir für unser Alter vorsorgen müssen. So ein Überschuss ist doch nicht falsch!
Die Deutschen haben unheimlich viel gespart, aber das nicht im eigenen Land investiert, sondern Geldvermögen in anderen Ländern aufgebaut.
So entsteht ein Überschuss.
Und was soll daran das Problem sein?
Vor zehn Jahren hätte ich noch gesagt: nichts.
Aber das Problem an diesem Modell ist, dass das Geld nicht gut investiert war. Ein großer Teil davon ist über die Banken in amerikanische, irische oder spanische Subprime-Papiere geflossen.
Diese Papiere sind jetzt fast wertlos, gerade weil diese Staaten so überschuldet waren.
Wir haben zehn Jahre lang geschuftet und uns eingeschränkt - und jetzt haben wir davon nur Forderungen mit zweifelhaftem Wert.
Was sollten die Deutschen stattdessen tun? Weniger sparen?
Nein, anders sparen, nämlich im Inland.
Zum Beispiel in Immobilien.
Der Staat könnte auch Schulden bei seinen Bürgern machen, so das Geldvermögen zu sich holen und damit neue Investitionen finanzieren.
Er sollte in Infrastruktur und Bildung investieren, damit wir in 10 oder 15 Jahren eine hochleistungsfähige Wirtschaft haben. Wenn die Konjunkturprogramme erst einmal ausgelaufen sind, investiert der Staat viel zu wenig - seine Investitionen sind kleiner als die Abschreibungen auf den Altbestand.
Noch mehr Staatsschulden können auch keine Lösung sein.
Die Schuldenbremse verbietet sie sogar.
Ich bin mit der Schuldenbremse gar nicht glücklich. Faktisch bedeutet sie, dass wir unser Geld nicht dem deutschen Staat leihen dürfen, aber gerne den ausländischen Staaten.
Wir dürfen nicht denken wie die schwäbische Hausfrau, die keine Schulden macht. Wir müssen denken wie die schwäbische Unternehmerin.
Die sagt: Wenn ich eine gute Investition habe, dann mache ich das - zumal wenn ich sie so billig finanzieren kann wie der Staat gerade.
Und Sie sagen, mit Staatsschulden baut man Ungleichgewichte ab?
Ja. Frau Merkel glaubt doch: Wenn Deutschland seinen Überschuss abbauen soll, dann muss es seine Exporte einschränken.
Aber das muss gar nicht sein. Wir können einfach die Nachfrage ankurbeln und dann mehr aus anderen Ländern importieren.
Das sollten wir auch tun. Denn wenn Deutschland und die anderen Länder ihre Überschüsse nicht abbauen, fluten die Amerikaner die Welt mit Dollar, um ihre Währung abzuwerten und am Ende selbst mehr zu verkaufen. Dann leidet der Export wirklich.
Jüngst hat die amerikanische Notenbank wieder 600 Milliarden Dollar angekündigt. Finden Sie das gut?
Wir sollten Verständnis für die Amerikaner haben. Sie sind wichtig für uns, wir exportieren immer noch viel mehr nach Amerika als nach China.
Wenn deren Wirtschaft Probleme hat, ist das für uns auch nicht gut.
So eine Menge an Geld ist doch auch für Amerika gefährlich.
Die Amerikaner sagen sich: Wir haben die Wahl zwischen Inflation und Deflation, also dauerhaft sinkenden Preisen.
Wenn das Land erst einmal in einer Deflation ist, kann die Notenbank kaum noch etwas dagegen tun. Dagegen lassen sich fünf oder sechs Prozent Inflation relativ leicht bekämpfen. Da ist die Inflation, die durch das viele Geld womöglich entsteht, das kleinere Übel.
Nach Inflation sieht es derzeit nicht aus. Schafft die Notenbank mit dem vielen Geld nicht eher neue Blasen?
Ganz klar. Solange Amerika so viel Arbeitslosigkeit hat, ist die Inflationsgefahr nicht sehr groß.
Und es ist ein Problem der Geldpolitik, dass die Preise für Wertpapiere zu weit in die Höhe schießen. Dieses Problem hatte auch die Europäische Zentralbank: Die war vor der Finanzkrise ganz glücklich, dass sie ihr Inflationsziel genau erreicht hat - und dann ist wegen überbewerteten toxischen Wertpapieren das ganze Finanzsystem zusammengebrochen. Dieses Mal geht es um die Schwellenländer: Wenn die ihre Wechselkurse nicht aufwerten lassen, kommt das ganze Geld auch bei ihnen an, und dann drohen dort Blasen.
Dann sollten die Schwellenländer ihre Währung aufwerten?
Ihre Wahl ist nicht leicht: Wenn sie schnell aufwerten, dann machen sie sich die Exportwirtschaft kaputt.
Der Wechselkurs kann zu hoch schießen, das kann ganz schnell 50 Prozent ausmachen.
Wie das?
Wenn China aufwertet, verdienen Investoren Geld, die in China angelegt haben - sie bekommen für ihr chinesisches Geld auf einmal mehr Dollar. Dann merken die Spekulanten: Da kann ich etwas verdienen. Also schicken sie noch mehr Geld nach China, und der Wechselkurs steigt immer weiter. Aber die Alternativen sind auch nicht so toll.
Welche Alternativen gibt es denn?
Sie könnten ihre Zinsen senken, damit weniger Geld ins Land kommt, aber dann überhitzen sie die Wirtschaft und schaffen eine Blase. Oder sie kaufen amerikanische Anleihen auf und werden so noch mehr zum Finanzier der amerikanischen Schulden - wie China.
Was kann man stattdessen tun?
Wenn viele Länder mit den Amerikanern unzufrieden sind, müssen sie sich untereinander zusammenschließen: die Chinesen, die Japaner, die Brasilianer, die Briten und die Europäer.
Die könnten sich aneinander binden und den Dollar in den Keller fallen lassen. Das wäre dann quasi der Hartwährungsblock der Welt.
So eine Dollar-Abwertung würde die Amerikaner freuen. Das ist es, was sie mit ihrer Geldschwemme zu erreichen versuchen.
Ja, solange es nicht zu viel wird. Wenn die anderen Währungen gegenüber dem Dollar sehr stark würden, müssten die Amerikaner auf einmal mehr für ihre Importe bezahlen - und dann hätten sie Inflation. Das würde sie nicht freuen.
Dass sich die Staaten darauf einigen, ist allerdings illusorisch.
Immerhin hat meine Idee ein Vorbild: Anfang der 70er Jahre haben die Europäer die „Schlange im Tunnel“ gegründet, in der sie ihre Währungen aneinander gekoppelt haben, um gemeinsam gegen den Dollar aufzuwerten.
Die Schlange war damals nicht richtig erfolgreich.
Doch. Zugegeben, es sind zwar immer wieder Länder rein- und rausgegangen. Aber gerade weil die Schlange so bröselig war, haben Helmut Schmidt und Valéry Giscard d'Estaing daraus das Europäische Währungssystem mit festeren Bindungen entwickelt - und daraus entstand der Euro.
Glauben Sie, Ihre Idee hat eine Chance?
Eher nicht. Aber sie ist der einzige koordinierte Ausweg aus der Dominanz des Dollars. Die Alternative ist, dass alle völlig unkoordiniert aufwerten.
Einen Vorteil hat es, dass wir noch nicht aufwerten. Deutschland verkauft fleißig ans Ausland und hat bald Vollbeschäftigung.
Ja, 2020 könnte es so weit sein. Schon allein wegen der Bevölkerungsentwicklung. Bis zum Ende des Jahrzehnts haben wir fast zwei Millionen Menschen weniger, die arbeiten können. Wenn sich die Wirtschaft einigermaßen normal entwickelt, reicht allein das zur Vollbeschäftigung.
Aber Hartz IV hat dazu doch auch beigetragen.
Ach ja, meine Kollegen sagen immer:
Phänomenal, was die Arbeitsmarktreformen bewirken, die Sockelarbeitslosigkeit ist weg. Wenn Sie aber genau hinsehen, stellen Sie fest, dass die Arbeitslosenzahlen nur im Osten gesunken sind - im Westen sind sie noch höher als im Jahr 2000, wenn man statistische Tricks herausrechnet. Die große Veränderung ist der Osten - und es wundert mich nicht, dass das Problem sich 20 Jahre nach der Wiedervereinigung langsam auswächst.
Auch weil viele Ostdeutsche in den Westen gekommen sind.
Es gibt aber auch in Deutschland insgesamt nicht mehr sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze als im Jahr 2000, nur mehr Selbständige.
Wenn jetzt Vollbeschäftigung kommt, steigen die Löhne, und die Deutschen können mehr iPods aus Amerika kaufen. Erledigen sich die Ungleichgewichte von allein?
Ich würde sagen: Die Lage normalisiert sich. Zuletzt sind zehn Jahre lang die Reallöhne nicht gestiegen und die Inlandsnachfrage nicht gestiegen. Wenn das jetzt passiert, können die Menschen sich tatsächlich mehr leisten. So bekommen wir etwas mehr Wachstum aus der eigenen Wirtschaft, und wir können die Ungleichgewichte abbauen.
Das Gespräch führten Patrick Bernau und Lisa Nienhaus.
Text: F.A.S.
Bildmaterial: Daniel Pilar
„Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu lassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert.“
(Albert Einstein, 1879–1955)