(SED müßte darüber auch Kopfschütteln)

Die Regierung von US-Präsident George W. Bush scheint die erste Administration seit Jahrzehnten zu werden, in der keiner der wirtschaftspolitischen Schlüsselposten mit einem erfahrenen Vertreter der Wall Street besetzt wird. Weder US-Finanzminister Paul O'Neill noch Bushs Chefberater in Wirtschaftsfragen, Lawrence Lindsey, verfügen über eigene Erfahrung im privaten Finanzsektor. Dieser Trend scheint sich auch für die Besetzung der zweiten und dritten Reihe zu bestätigen. Keiner der Kandidaten für die drei wichtigen Posten, die im Finanzministerium noch offen sind, hat im Laufe seiner Karriere je in einer Wall-Street-Firma gearbeitet: Kenneth Dam, der als heißer Anwärter für das Amt des Vize-Ministers gilt, ist ein Handelsspezialist und Volkswirtschaftler. Ähnliches gilt für die potentiellen Staatssekretäre. John Taylor, der für internationale Finanzfragen zuständig wäre, ist Wirtschaftsprofessor an der Eliteuniversität Stanford. Peter Fisher, der sich um nationale Finanzpolitik kümmern würde, kennt als ehemaliger Mitarbeiter der New Yorker Notenbankfiliale die Wall Street zwar genau - wird seinen Posten u.a. aber gerade deshalb bekommen, weil er nicht aus einer der dortigen Firmen stammt, wie es in Regierungskreisen heißt. Der Kandidat für den Chefposten des Council of Economic Advisers im Weißen Haus, Glenn Hubbard, hat als Wirtschaftsprofessor an der Columbia Universität einen akademischen Hintergrund. Bush bricht damit mit einer langjährigen Tradition. Seine Amtsvorgänger R. Reagan, G.Bush senior und B. Clinton holten alle profilierte Wall-Street-Vertreter in ihr wirtschaftspolitisches Team. Beobachter sehen O'Neill als treibende Kraft hinter der Personalwahl. Der Finanzminister, der bis vor kurzem einen Aluminiumkonzern leitete, hatte jüngst Spitzen gegen die vermeintliche Realitätsferne der Wall Street abgeschossen. Gestern reiste der Finanzminister trotzdem nach New York, um persönlich bei Spitzenvertretern des Finanzsektors für Bushs Steuerpaket zu werben.



P.S.: Ich lach mich tot.
Kommentar des Autor´s: Scheinbar ist die neue Regierung gewillt, dem Trend ein Ende setzen, in dem die Politik mehr und mehr zu einem Anhängsel der Wall-Street wird und jede politische Entscheidung erst darauf geprüft werden muß, ob sie auch Wall-Street-tauglich ist. Möglicherweise wird diese Regierung die Wall Street auch dann ihrem Schicksal überlassen, wenn die Kusre noch tiefer fallen.
[Dieser Beitrag wurde von Turon am 10. Februar 2001 editiert.]