Crash, dann Rally oder Rally, dann Crash?

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lodo
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Crash, dann Rally oder Rally, dann Crash?

Beitrag von lodo »

Dienstag, 6. Dezember 2005

Crash, dann Rally oder Rally, dann Crash?

von Jochen Steffens

Heute sende ich Ihnen zunächst einen groben Marktüberblick, das Feintuning kommt dann später ...

Es geht wieder los. Offenbar stehen alle wieder fein gekleidet und dicht gedrängt auf der Bullenkoppel. Die Trendfolger sind wieder die Helden, immer mehr Menschen erkennen Stops als großen Fehler (als ich hier im Investor's Daily Anfang 2004 geschrieben habe, dass Stops in einem Bullenmarkt Performancefresser sind und ihre Berechtigung nur in Bärenmärkten haben, erhielt ich noch ziemlich deftige Kundenemails).

Und wen wundert's, nun tauchen auch die gescheitertesten Marktschreier der 2000er Rally wieder auf. Jetzt habe ich gehört, dass einer der tief Gefallenen sogar einen neuen Fond aufgelegt hat und entsprechend viele Gelder einsammeln konnte – na, vielleicht hat er dieses Mal mehr Glück – ich wünsche es ihm von Herzen ... ganz besonders seinen Kunden.

Im Moment brummt's also überall. Ich sehe es an unseren Produkten. Selbst die sehr konservativ ausgerichtete Makro-Strategie hat gerade die kumulierte 700 % Marke überwunden. Bei der Makro-Strategie geht es nicht ums Zocken, sondern um langfristige vergleichsweise sichere Vermögensbildung und gewinnbringenden Alternativen zum Sparbuch bei Kapitalgarantie. Aber Sie sehen, selbst diese auf Sicherheit getrimmte, sehr ausgeklügelte Strategie kann in einem Bullenmarkt richtig Performance erzielen! Was mich viel mehr freut: Seit mehr als eineinhalb Jahren, also seit dem Start in Deutschland, haben wir nur einen einzigen (!) Verlust-Trade realisieren müssen! Und das war ein Minus von lediglich 1,32 %.

Während nun die Börsenkommentatoren und die Analysten und alle anderen aufgrund ihrer Erfolge in leichte Euphorie und zwanghafte Selbstüberschätzung geraten, werde ich das tun, was ich schon immer hier im Investor's Daily gemacht habe, wenn sich die Masse einig ist: Ich versau ihr gründlich die Stimmung und warne!

Kaufen und Halten-Mentalität

Es hat sich eindeutig eine Kaufen und Halten-Mentalität breit gemacht. Und immer, wenn irgendein System anfängt zu funktionieren und die breite Masse dieses System erkennt, wird dieses System bald nicht mehr funktionieren. Die, die mich schon länger lesen, kennen das (erinnern Sie sich an die Hedgefond, die plötzlich in aller Munde waren und dann, als das Thema durchs Dorf getrieben war, die schlechtestes Performance seit Jahren hinlegten, oder im Mai dieses Jahres, als alle das übliche " Sell in May and go away" spielen wollten und ich Ihnen sagte, dass es dieses Jahr anders sein wird).

Aber Euphorie und Gier macht jeder Vernunft zunichte, also werden die warnenden Worte ignoriert, lieber hört man auf die Versprechungen der Marktschreier. Sie klingen so süß, zu süß, um ihnen zu widerstehen. Ich kann damit leben, ich weiß, dass ich Recht behalten werde.

Kommt nun der Crash?

Nein, so schnell geht das nicht. Wir befinden uns nun wahrscheinlich vor oder schon in der letzten Phase dieser Rally im Dax, der " Übertreibungsphase" . Die hat ganz typische Auswirkungen: Nachdem nun die Blue Chips, besonders die Finanztitel im Dax stark zugelegt haben, sollten in dieser Phase all die Aktien, die bisher eine Schattendasein führten, zulegen. Ganz besonders sind da die Technologietitel, aber auch die Telekom und sogar Pharmatitel zu nennen.

Aber! Wie bei jeder neuen Phase eines Trends kann in der Zwischenphase, also der Phase, in der ein Wechsel stattfindet, der Trend auch noch mal stark in sich zusammenbrechen. Das heißt, aktuell haben wir ein erhöhtes Risiko, dass der Markt sein vorläufiges Hoch in diesem Jahr gesehen hat und so alle " Jahresendrallypropheten" negativ überraschen würde. Hohes Risiko bedeutet jedoch nicht, dass ich davon ausgehe, aber Sie sollten das wissen.

Greenspan warnt, und wenn Greenspan warnt, sollte man zuhören

Dazu passen die eindringlichen und warnenden Worte von Alan Greenspan letzter Woche. Er wies in aller Deutlichkeit auf die großen Gefahren hin, die den USA von der einen Seite durch die niedrige Sparquote und auf der anderen Seite von der Alterversorgung drohen. Daneben kritisierte er massiv die Ausgabenpolitik von Präsident Bush. Ich weiß gar nicht, was alle gegen Old Greeny haben ...

Man weiß nun natürlich nicht, ob Alan Greenspan nur seinen Abschied als großer Vorherseher und Warner in den Geschichtsbücher lesen will. Insgesamt weiß man aber, das Greenspan auch gerne etwas früh mit seinen Warnungen war.

Die Leidenszeit der Antizykliker

So ist es durchaus denkbar, dass wir nun noch eine längere Übertreibungsphase erleben. Denn es ist tatsächlich möglich, dass eine Zeit lang alle bullish sind und der Markt trotzdem weiter steigt. Das ist die " Leidens-Zeit" der Antizykliker. Man darf die Gewalt und Nachhaltigkeit einer Bullenstampede niemals unterschätzen – erinnern Sie sich an 1999-2000!

Wie gesagt, ob wir in diese Euphoriephase eintreten und besonders wann auch die schwachen Werte explodieren, werden Sie an Aktien wie Siemens oder der Deutsche Telekom erkennen (es kann gut sein, dass wir erst im nächsten Jahr diese deutlichen Zeichen erkennen). Wenn diese Titel auf einmal anfangen, loszurennen, gleichzeitig die großen alten Trendaktien (z.B. E.ON) relative Schwäche zeigen, dann wissen Sie: Es wird bullish – richtig bullish – aber Sie wissen auch: es wird dann Zeit, nach und nach seine Positionsgröße an das erhöhte Crashrisiko anzupassen – sprich Gewinne mitzunehmen, wenn alle kaufen.

Ölpreis immer noch interessant bis gefährlich

Allerdings müssen wir den Ölpreis beobachten, der gerade stark verspätet zur seiner zyklischen Winterrally anzieht. Ach übrigens, auch hier möchte ich erwähnen, dass diese seltsamen Hardcoreanalysten, die predigten, dass es keine Korrelation zwischen Ölpreis und Märkten gibt, nach den letzten Wochen nun auch endlich widerlegt wurden – es wurde auch Zeit. Charttechnisch ist der Ölpreis nun angeschlagen und eine Seitwärtsbewegung (im groben zwischen 50 und 70 Dollar), vielleicht mit einer großen Volatilität wahrscheinlich. Trotzdem könnte ein schnell auf bis zu 70 Dollar ansteigender Ölpreis den Markt belasten – zumindest zeitweise.

Fazit:

Noch gibt es (außer dem Ölpreis) keine erkennbaren kurzfristigen Gefahren. Die großen US-Adressen (Fonds, Vermögensverwalter, Banken) sind in diesem Jahr in den USA nicht sonderlich glücklich geworden und so kann es sein, dass sie bis zum Jahresende noch einkaufen, um ihre Perfomance zu trimmen. Vielleicht werden Sie sich auch erst Anfang 2006 auf ein besseres Jahr positionieren. Das alles kann den Markt noch deutlichen Rückenwind geben. Die wirtschaftlich positiven Effekte der Fußball-WM in Deutschland sollte den Dax auch noch bis März-Mai ein wenig stützen, obwohl hier bereits viel eingepreist ist.

Im Moment erleben wir eine Konsolidierung vor der 11.000er Marke im Dow, wahrscheinlich ist es ein Luftholen, um diese Marke mit neuer Kraft durchzurennen. Die Möglichkeit, dass hier Schluss ist, sollten Sie aber aufgrund der aktuell bullishen Stimmung unbedingt in Betracht ziehen.

Wenn es zu einer letzten euphorischen Bewegung im Dax kommt, vielleicht ausgelöst durch ein starkes Jahr 2006 in den USA, dann müssen wir Mitte bis Herbst des Jahres 2006 mit einem Crash (im Dax) rechnen, der viele sehr schmerzhaft erwischen wird. (Weil immer wieder Nachfragen kommen, was genau ein Crash ist: Man spricht schon davon, wenn der Dax in wenigen Handelstagen mindestens 10-20 % Verlust macht. Der 2000er Crash gehört in die Kategorie der " historischen Crashs" und diese sind, wie der Name schon fast verrät, sehr selten.)

Nach diesem Crash kann der Markt dann in einen neuen Bullentrend einmünden, auch das sollten Sie nicht vergessen. Aber dazu dann mehr.

Alles wird besser ...

Ihr

Jochen Steffens
membran

Beitrag von membran »

Vom Umgang mit Prognosen



Wenn in diesen Tagen die Investmentbanken ihre Ausblicke für 2006 präsentieren, sollten Anleger aufmerksam hinschauen. Nicht weil die Prognosen ins Schwarze träfen. Das gab es noch nie, und Analysten wird dieses Kunststück auch diesmal nicht gelingen.



HB DÜSSELDORF. Doch der Mehrwert fast aller Ausblicke liegt ohnehin woanders: nicht in der punktgenauen Vorhersage, wo Dax (Xetra: Nachrichten) , Euro und Zinsen am 31. Dezember 2006 stehen, sondern vielmehr in den Begründungen, was, warum und in welchem Maße die Märkte beschäftigen könnte. Und hier lohnt es sich, beim Ausblick auf 2006 ins Detail zu gehen.



Szenario vieler Analysten ist, dass die Weltwirtschaft im ersten Halbjahr weiter brummt, Deutschlands Erholung ganz sachte, aber immerhin etwas an Fahrt gewinnt, und die Unternehmen kräftig verdienen. Das sind beste Voraussetzungen für die ohnehin preiswerten Aktienmärkte in Europa, so dass die vorhergesagten Zinserhöhungen in Euro-Land und den USA nicht übermäßig belasten. Deshalb lautet das Zwischenfazit vieler Investmentbanken: Im ersten Halbjahr hat der Dax die Chance zuzulegen. Helaba Trust beispielsweise billigt dem Börsenbarometer im Laufe des nächsten Jahres 5 500 Punkte zu.



Danach aber verdüstern sich die Aussichten, so der Tenor vieler Analysten. Denn im zweiten Halbjahr lässt die Gewinndynamik bei den Unternehmen nach, und die Konjunkturlokomotive USA fährt langsamer, so dass sich weltweit das Wachstum abschwächt. Gleichzeitig beginnen die vielen Zinserhöhungen in den USA zu wirken. Sie verteuern Kredite für Unternehmen und Verbraucher. Das lähmt Investitionen und Konsum. All das wird die Börsen belasten. Helaba Trust prophezeit, dass der Dax auf 5 000 Punkte zurückfällt.



Alle Argumente sind einleuchtend. Doch einen Haken haben derartige Ausblicke: Wenn die Belastungsfaktoren, die in Zukunft auf uns zukommen, jetzt schon bekannt scheinen, dann reagieren die Börsen bereits jetzt. Anders ausgedrückt: Alle Tatsachen und Annahmen bestimmen jetzt und nicht später den Lauf der Kurse.



So war es schon immer. Prägnantes Beispiel war der Spätwinter 2003. In Erwartung des möglicherweise ausbrechenden Irak-Krieges fielen die Kurse drastisch. Sobald der Krieg aber beschlossene Sache war, weil sich die Amerikaner dafür entschieden hatten, stiegen sie wieder. Noch vor Ausbruch der Auseinandersetzungen. Warum? Die aktuelle Situation war schlecht, doch die Perspektiven besser.



Wenn jetzt die Kurse zulegen, obwohl sich die Aussichten im zweiten Halbjahr 2006 zu verdüstern scheinen, dann wägen Anleger einfach nur ab. Selbst die etwas schlechtere Zukunft lässt noch Spielraum für weitere Kursgewinne. Nicht weil die eingetrübten Aussichten ganz weit weg wären und erst später die Börsen belasteten, sondern vielmehr, weil die Anleger mit ihnen ganz gut leben können.



Quelle: Handelsblatt
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