Soll die 20% Steuer auf Börsengewinne auch für Fonds gelten?

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drhc

Soll die 20% Steuer auf Börsengewinne auch für Fonds gelten?

Beitrag von drhc »

Die Meldungen sind teilweise widersprüchlich. Soll die geplante 20%-Steuer auf Börsengewinne auch für Fonds gelten, oder nur für Aktien,zertifikate, Optionsscheine ? Und generell ab 1.1.2007 ?


Handelsblatt:

Spekulationsfrist soll fallen

Die große Koalition startet einen neuen Versuch, private Veräußerungsgewinne zu besteuern. Die Abschaffung der Spekulationsfrist sei Teil einer Liste zum Abbau von Steuervergünstigungen zur Etatsanierung, heißt es in Regierungskreisen.


HB BERLIN. Geplant ist offenbar eine pauschale 20-prozentige Steuer auf Gewinne aus Börsen- und Immobilengeschäften. Bislang sind diese nur dann steuerpflichtig, wenn sie innerhalb der Spekulationsfrist von einem Jahr für Aktien und zehn Jahren für Immobilien realisiert werden und eine Freigrenze von 512 Euro im Jahr überschritten wurde. Für Aktien gilt das Halbeinkünfteverfahren, nach dem Spekulationsgewinne nur zur Hälfte steuerpflichtig sind; Gewinne aus Finanzinnovationen und Immobilien sind voll steuerpflichtig.

Details zu den Plänen der großen Koalition sind bislang nicht bekannt; Vorbild könnte aber eine Initiative des hessischen Finanzminister Karlheinz Weimar (CDU) sein, der unlängst eine pauschale und anonyme Abgeltungsteuer auf alle Kapitaleinkünfte vorgeschlagen hatte.

Die Spekulationsteuer steht seit Jahren im steuerpolitischen Fokus. Während Steuerjuristen und Finanzwissenschaftler nahezu einhellig die umfassende Besteuerung privater Veräußerungsgewinne fordern, da sie Einkommen darstellten, warnen Praktiker vor praktischen Details einer umfassenden Besteuerung. Überdies gibt es verfassungsrechtliche Probleme: 2004 hatte das Bundesverfassungsgericht die Besteuerung von Spekulationsgewinnen in den Jahren 1997 und 1998 für verfassungswidrig erklärt, weil es erhebliche Vollzugsdefizite gegeben habe. Der Fiskus hätte keine Möglichkeit gehabt, Steuerhinterziehern auf die Schliche zu kommen. Der Ehrliche sei der Dumme, so die Richter. Inzwischen haben Finanzgerichte auch ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Besteuerung in den Folgejahren geäußert. Nun liegt die Sache beim Bundesfinanzhof, der Ende November die Angelegenheit verhandelt. Bereits 2003 scheiterte Noch-Finanzminister Hans Eichel (SPD) mit seinem Versuch, eine umfassende Besteuerung privater Veräußerungsgewinne einzuführen. Sein Steuervergünstigungsabbaugesetz wurde in weiten Teilen vom unionsdominierten Bundesrat abgelehnt.

Mit dem neuen Versuch und der 20prozentigen Pauschalsteuer will das Bundesfinanzministerium offenbar vermeiden, dass Anleger Spekulationsverluste aus Vorjahren geltend machen können. Dies wäre bei einer anonymen Abgeltungssteuer kaum praktikabel.

Die auf Anleger spezialisierte Münchner Steuerberaterin Birgit Hosemann betonte, einige ihrer Mandanten säßen noch auf sehr hohen Verlustvorträgen aus Vorjahren - Spekulationsverluste können heute nicht mit anderen Einkünften verrechnet werden; sie dürfen aber vorgetragen werden und mit etwaigen Spekulationsgewinnen in Folgejahren verrechnet werden.

Unklar bliebe auch die Besteuerung von solchen Anlegern, die ihr Depot bei einer ausländischen Direktbank hätten. " Müssen diese Anleger den vollen Steuersatz zahlen?" , fragt Hosemann. Schließlich könnten Auslandsbanken nicht verpflichtet werden, Steuern an den deutschen Fiskus abzuführen.

Die Investmentfondsbranche betonte, eine Wertzuwachssteuer würde sämtliche Bemühungen, die Menschen durch langfristiges Sparen zur privaten Altersvorsorge zu motivieren, konterkarieren. Noch sei allerdings unklar, ob der Wertzuwachs seit dem Erwerb der Kapitalanlage oder ab Inkrafttreten des neuen Gesetzes besteuert werden solle, sagte ein Sprecher des Branchenverbandes BVI.

Die Immobilienbranche warnte die Regierung vor einer rückwirkenden Besteuerung. " Anlegern, die ihr Geld bereits in geschlossenen Immobilienfonds angelegt haben, muss Bestandsschutz gewährt werden" , forderte Eric Romba, Hauptgeschäftsführer des VGF Verband Geschlossene Fonds.
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schneller euro
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Beitrag von schneller euro »

Börse-Online, 15.11.05:

"Der alles entscheidende Satz für Kapitalanleger findet sich auf Seite 69 des Koalitionsvertrags: "In dieser Legislaturperiode werden wir eine Neuregelung der Besteuerung von Kapitalerträgen und privaten Veräußerungsgewinnen realisieren." Punkt, Aus, Ende. Doch was darunter konkret zu verstehen ist, dringt nur ganz allmählich zu den Anlegern durch. Und vieles davon ist noch pure Spekulation.

Soviel wird bis dato kolportiert: Der Sparerfreibetrag soll wohl ab 2007 von derzeit 1370 auf 750 Euro sinken. Bei Gewinnen auf Aktien soll die Spekufrist von derzeit einem Jahr entfallen, bei Immobilienverkäufen die Frist von zehn Jahren. Statt dessen sollen Verkaufsgewinne künftig einheitlich mit 20 Prozent besteuert werden. "Einzelheiten sind im Gesetzgebungsverfahren zu klären", heißt es lediglich aus Verhandlungskreisen.

"Es gibt viele offene Fragen, die rasch geklärt werden sollten, um den Bürgern die Unsicherheit zu nehmen", meint dagegen der Münchener Steuerstrafanwalt Rainer Patscheck. Offen ist: Fällt die Freigrenze von derzeit 512 Euro? Wird die 20-prozentige Besteuerung von Kursgewinnen als Abgeltungssteuer erhoben, wie es die Finanzwirtschaft seit Jahren fordert? Oder werden Kursgewinne womöglich auf die Berechnung der Bemessungsgrundlage zur Einkommensteuer angerechnet? Topverdienern mit Einkommen oberhalb von 250.000 / 500.000 Euro (Ledige/Verheiratete), auf die die geplante "Reichensteuer" zukommt, dürfte das nicht gefallen. "Je erdrückender die Steuerlast, desto höher ist die Bereitschaft, Steuern zu hinterziehen", weiß Spatscheck aus Erfahrung. "Wichtig ist, dass eine Abgeltungssteuer nicht für langfristiges Vorsorgesparen eingeführt wird, denn das würde die Bemühungen, die Bürger zu mehr Vorsorge zu bewegen, konterkarieren", gibt der Bundesverband Investment und Asset Management zu bedenken.

Offen ist auch, wie die Kursgewinnbesteuerung ausgestaltet wird. Immerhin soll ein Bestandsschutz für Altfälle, also Käufe vor 2007, geplant sein. Denkbar sind zwei Varianten: Das neue Recht gilt erst für Käufe und anschließende Verkäufe ab 2007. Oder aber es wird bei Papieren, die vor 2007 gekauft wurden, nur die Wertsteigerung besteuert, die ab 2007 anfällt. Anlegerschützer befürchten womöglich großen Druck auf den Aktienmarkt, bevor die neuen Regeln in Kraft träten. Denn Anleger, die Gewinnpositionen außerhalb der Speku-Frist halten, könnten geneigt sein, diese Gewinne lieber noch 2006 steuerfrei zu realisieren. Außerdem werden Anleger sicherheitshalber auch Verlustbringer innerhalb der Speku-Frist noch 2006 verkaufen. Denn bis dato ist ebenfalls ungeklärt, ob es in Zukunft noch eine Anrechnung von Verlusten geben wird und wie diese ausfallen könnte.

Für Verwirrung sorgten zudem die verschiedenen Aussagen, wann das Ende der Steuersparmodelle unter den Geschlossenen Fonds droht. Nach Auffassung der alten und neuen Bundesregierung ist der 11. November 2005 der Stichtag. Wer also jetzt noch einen solchen Fonds zeichnet, muss damit rechnen, dass die Verluste nicht mehr steuerlich anerkannt werden, wenn sie nicht mit positiven Einkünften aus der gleichen Einkunftsart verrechnet werden können. "
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The Ghost of Elvis
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Beitrag von The Ghost of Elvis »

[b]23.11.2005[/b]

Sparerfreibetrag:
Er wird ab 2007 von derzeit 1370 Euro auf 750 Euro gesenkt. Bei Verheirateten fällt die Grenze von 2740 Euro auf 1500 Euro. Immerhin bleibt es beim Werbungskostenabzug von 51 Euro. Nach Berechnungen des Bundes der Steuerzahler erzielt dadurch ein Alleinstehender, der sein Geld bei drei Prozent Zinsen angelegt, bereits ab 26700 Euro steuerpflichtige Erträge. Derzeit müssen erst ab 47367 Euro Steuern gezahlt werden. Bei Ehepartnern bleiben bei einer Verzinsung von 5,5 Prozent ab 2007 nur noch 29127 Euro statt bisher 51673 Euro steuerfreies Sparvermögen. Experten warnen daher vor auf- oder abgezinsten Sparbriefen, Bundesschatzbriefen vom Typ B oder vergleichbaren Produkten mit Zinsansammlung. Besser dürften künftig Anlagen mit jährlicher Ausschüttung sein.

Veräußerungsgewinne:
Die pauschale Besteuerung von Veräußerungsgewinnen erfaßt ab 2007 sämtliche Verkäufe von Wertpapieren und vermieteten Immobilien. Bisher wurden nur Verkäufe innerhalb einer Spekulationsfrist (ein Jahr bei Wertpapieren, zehn Jahre bei Immobilien) besteuert. "Profiteure der neuen Regelung sind aus heutiger Sicht kurzfristig orientierte Anleger", meint Heinz-Udo Schaap vom Bundesverband deutscher Banken, denn diese Frist fällt jetzt weg. Doch es gibt noch etliche Ungereimtheiten. Strittig ist etwa die Frage, ob die Neuregelung nur für Käufe ab 2007 gilt oder mit einer Stichtagsregelung ab 2007 auch bisherige Fälle erfaßt werden. Offen ist weiterhin, wie die Verrechnung der Verluste erfolgt. Außerdem ist ungeklärt, wie sich die Pauschalierung mit der staatlichen Förderung der privaten Altersvorsorge verträgt. Denn unter die neue Regelung fielen auch langlaufende Fondssparpläne, Lebensversicherungen auf Aktienbasis oder vermögenswirksame Leistungen, die in Aktienfonds fließen. Der Bundesverband Investment und Asset Management (BVI) zeigt die Konsequenzen auf: Wer 30 Jahre lang 100 Euro in einen deutschen Aktienfonds einzahlt, hat eine durchschnittliche Wertentwicklung von 8,3 Prozent und erhält am Ende 149000 Euro ausgezahlt. Ins Jahr 2037 hochgerechnet, müßte er 113000 Euro versteuern – und der Fiskus würde bei einer pauschalen Steuer von 20 Prozent 22600 Euro kassieren.

Schiffonds:
Diese Anlageform scheint weiterhin ziemlich zukunftssicher. Unter Punkt 6.4 heißt es in der Koalitionsvereinbarung ausdrücklich: "Den deutschen Reedereistandort werden wir weiter stärken. Die erfolgreichen Instrumente wie Tonnage-Steuer und Lohnsteuereinbehalt erhalten wir".
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